Sichtweisen

Dinge passieren. Frage 3 Menschen, die die gleiche Situation beobachtet haben, was gerade geschehen ist und Du wirst 3 unterschiedliche Geschichten hören. Jeder nimmt Dinge anders wahr, bewertet und interpretiert sie anders. Warum ist Deine Sicht richtig und meine ist es nicht? Warum darfst Du entscheiden, wie ich mich in einer Situation gefühlt habe. Wer gibt Dir das Recht zu entscheiden, wie ich Dinge zu bewerten habe? Was mich stören darf und was nicht? Du hast es nur gut gemeint und deshalb kann ich gar nicht verletzt sein. Oder oder. Die Gründe des anderen. Solange die es doch nur gut gemeint haben, habe ich keinen Grund und folglich auch kein Recht verletzt oder sauer zu sein.

Aber was, wenn ich es trotzdem bin? Was wenn ich verletzt bin, aus einem Grund den Du nicht verstehen oder nachempfinden kannst? Was, wenn mich Dinge stören, die mich Deiner Meinung nach nicht zu stören hätten? Wer hat dann Recht? Wieso darf ich nicht selbst entscheiden, was mich stört? Und wenn ich verletzt bin, brauche ich dafür einen Grund? Was, wenn ich verletzt bin, obwohl Du es mir nicht erlaubt hast? Obwohl Du es doch nur gut gemeint hast? Tut es dann etwa nicht mehr weh? Doch, tut es. Und wenn dieser Schmerz nicht mal gesehen wird, tut es sogar doppelt weh. Es tut ein weiteres Mal weh, wenn Du Rechtfertigungen und Erklärungen von mir verlangst. Ich erstmal darum kämpfen muss, überhaupt ein Problem haben zu dürfen.

Ich suche mir keine Hilfe. Immer wieder lande ich bei diesem Satz. Ich würde mir ja keine Hilfe suchen. Ob es in der Klinik ist, wo ich mir keine Hilfe gegen meine Schlaflosigkeit suche (Entschuldigung, dass es mir nicht beim Schlafen hilft, nachts zum Schwesternzimmer zu laufen, um mich dort zu rechtfertigen, dass ich keine Schlaftablette nehmen möchte) oder die Sozialberatung nicht wahrnehmen möchte. Es ist meine „Verweigerung“, die es unmöglich macht mir zu helfen und ich sage ja auch nie was.

Es ist richtig. Ich sage nichts. Oft sage ich nichts, weil es alles nur noch schlimmer macht. Der schwarze Peter landet am Ende bei mir und Hilfe bekomme ich nicht. Dafür aber klar vermittelt, dass ich gar nicht weiß, was ich fühle. Nicht weiß, was für mich gut ist. Und überhaupt. Ja, es ist schwer mir zu helfen. Ich kann bockig und stur sein. Ich habe inzwischen keine Kapazität mehr Aufwand in etwas zu investieren, dass nicht zum Ziel führen kann. Keine Zeit für Hoffnung. Und Hilfe, die habe ich mir wahrlich genug gesucht. Und oft genug nicht bekommen. Auch, weil mein Gegenüber viel besser wusste was gut für mich ist und wie ich mich fühlen soll. Oder mir für Dummies erklären will, was ich alles beantragen kann an staatlichen Leistungen ohne mir mal zuzuhören, was ich vielleicht schon alles getan habe.

Jetzt haben wir also neue Sozialarbeiter. Und bestimmt wird jetzt alles ganz toll und ich werde schon sehen. Die Unterbringung im Kinderhilfezentrum hat bestimmt alle Probleme gelöst und alles wird gut. Deshalb kann man mir meinen Sohn auch quasi ohne Vorwarnung über den Zaun kippen und er wohnt dann halt einfach wieder zu Hause. Zu Hause wohnt er, zur Schule geht er nicht. Meine Stabilität ist futsch. Ich will nur noch, dass mein Sohn verschwindet. Das dieser Terror endlich aufhört. Warum wird es ignoriert, wenn ich sage wir brauchen einen sanften, langsamen Übergang. Eine begleitete Rückführung. es war so besprochen und hätte Sinn gemacht. Dann kommt eine neue Fallführung beim Jugendamt und plötzlich muss das Kind über den Zaun gekippt werden. Nein, den Antrag für die ambulante Hilfe kann ich auch erst stellen, wenn das Kind wieder zu Hause ist. Nein, die ambulante Hilfe kann auch erst angefragt werden, wenn der Antrag bewilligt ist. Kind kommt also nach Hause und geht schon am ersten Tag nicht zur Schule. 8 Wochen später haben wir endlich neue Sozialarbeiter. Ich könnte wieder Hoffnung haben, aber ich habe sie nicht. Meiner Sozialarbeiterin kann ich nur sagen, dass es mir leid tut, ihren Optimismus nicht teilen zu können. Das ich den langen Atem, den ich bräuchte, schon lange nicht mehr habe. Der morgendliche Kampf hat mich komplett zermürbt. Keinerlei Freiraum für mich zu haben, erstickt mich. Eingesperrt. Jede Planung, jeder Hoffnungsschimmer, alles wird von Schulverweigerung dominiert. Es beherrscht unseren Alltag. Jetzt ist Wochenende. Mein Kind war seit Mittwoch nicht in der Schule. Seit Mittwoch hängen wir aufeinander. Ich sehe mein Kind und möchte ihn schlagen und aus der Wohnung werfen. Möchte, dass er aus meinem Leben verschwindet. Ich habe keine netten Gefühle mehr für dieses Monster. Er macht mir mein Leben kaputt.

Im nächsten Moment fange ich an zu heulen. Mitleid, Mitgefühl, wie soll er sich auch normal verhalten, wenn ich ihn nur weg haben will? Natürlich kann auf so einer Basis zu Hause gar nichts funktionieren. Es ist mir vollkommen klar, dass sich ganz viele Dinge ändern müssen. Bei mir angefangen.

Bei mir angefangen. Irgendwann wird hoffentlich mal jemand verstehen, dass ich seit 11 Jahren alleine bin mit meinem Kind. Immer und ständig. Da ist kein Vater, der sich kümmert. Da ist keine Familie, die mich unterstützt oder auch überhaupt nur in der Nähe wäre. Meine Freunde? Die meisten sind weggezogen in den letzten Jahren oder haben nie auch nur in der Nähe gewohnt. Davon ganz abgesehen sind viele selbst am Limit – Corona hat es nicht besser gemacht…. Ich bin durch und nach so langer Zeit darf ich das auch sein. Einfach so. Weil das alles brutal anstrengend ist. Und nein, mit meiner Einstellung gegenüber meinem Kind hat das nichts zu tun. Meine „weg haben wollen“ Haltung gegenüber meinem Sohn ist das Resultat eines Jahrzehnts in Gefangenschaft. Ein Jahrzehnt in dem für mich in meinem eigenen Leben kein Raum war und ist. In dem ich mich selbst überhaupt nicht leben konnte. Ich habe es gern gemacht. Für meinen Sohn. In den ersten Jahren. Es hätte einfacher werden sollen je älter mein Sohn wird.

Was ich bekomme von meinen Freunden, meiner Familie, sind großartige Ratschläge und Binsenweisheiten. Sprüche wie „bei uns hätte es das früher nicht gegeben“ oder „das geht so nicht, dass der nicht zur Schule geht“. Dann musst Du eben die Elektronik verbieten, damit es unattraktiv ist zu Hause zu bleiben. Ich würde mit einem Eimer kaltem Wasser kommen. Du musst doch endlich mal wieder arbeiten gehen. So eine junge Frau wie Du kann doch nicht immer zu Hause sein. Verletzend. Es verkennt komplett, wie es mir dabei geht. Wie ich mich fühle. Wie hilflos und machtlos ich bin. Verkennt, dass Colin nicht zur Schule geht und irgendjemand da sein muss. Wie kann ich unter diesen Umständen arbeiten gehen? Und hat mal jemand darüber nachgedacht, was ich eigentlich möchte? Denkt irgendjemand auch mal daran, wie ich mich fühle. Wie ausweglos meine Situation für mich ist?

Der Eimer Wasser. Vor wenigen Tagen in einer Beratungsstelle mal wieder gehört. Bei mir hätte es so was nicht gegeben, da hätte ich den Eimer Wasser geholt. Bei mir war es kein Eimer – auch wegen der Konsequenzen für Mobiliar und Co. – dafür ein triefend nasses Handtuch. Mein Kind hat nicht mal gezuckt. Auch nicht als ich ihn in Shirt und kurzer Hose bei 0 Grad auf den Balkon gezerrt und dort unsanft abgelegt habe. Mein Kind stellt sich tot. 45 min lang und bis ich aufgebe. Ich frage mich immer noch, ob er tot stellen auch noch hinbekommen hätte, wenn ich ihm in den Bauch getreten hätte. Der Impuls war da und irgendwann werde ich mich vergessen und meinen Sohn schlagen. Und zwar so richtig.

Wie gut, dass es das alles bei euch anderen so nicht geben würde. Euer Kind nennt auch sicherlich auch nicht Fotze. Freut euch darüber. Bei uns gibt es das halt. Es ist real. Es bestimmt seit Jahren meinen Alltag. Und ich habe keine Chance da rauszukommen, weil ich schon unfassbar viel versucht habe und es einfach nicht funktioniert hat. Und leider habe auch nicht das Luxusproblem, dass ich mein Kind noch mit jemandem teilen muss und meinen Akku ab und zu mal zwangsweise aufladen kann. Pause, gibt es bei mir nicht.

Mein Kind nennt mich Fotze und ich belohne es mit einem Schwimmbadbesuch. Warum? Weil es unser Deal war: Gehst Du morgen zur Schule, fahren wir danach ins Schwimmbad. Richtig wäre gewesen am Abend vorher zu sagen: 1 Woche Hausarrest und Elektronikverbot. Schwimmbad gecancelt usw. Damit wäre er aber garantiert nicht zur Schule gegangen. Das Kind hat mich in der Hand. Mehr noch als das. Er diktiert mein Leben. Ob er zur Schule geht bestimmt unseren Alltag. Er geht und wir können ins Schwimmbad. Er geht nicht und ich muss alles für den Tag absagen was wir gemeinsam geplant hatten. Und dazu noch meinen eigenen Kram – Sauna. Ich hatte mich sehr darauf gefreut. Yoga? Ich melde mich nicht mal mehr zu einem Kurs an. Klappt ja doch nicht. Übrig geblieben ist in meinem Leben nichts mehr. Keine Freude, keine Hoffnung, keine Liebe. Suizid oder Mord? Es macht mir Angst überhaupt solche Gedanken zu haben.

Und immer wieder tauchen Leute auf. Leute, die mir helfen sollten. Leute, die meine Freunde sind oder meine Familie. Und alle haben eine Meinung dazu, was ich doch jetzt einfach machen müsste damit das läuft. Was ich überhaupt alles machen müsste. Was bei uns alles schief gelaufen ist oder schief läuft. Tolle Theorien, was die Ursache ist. So viele Meinungen, so viel dummes blabla. Ich kann es mir anhören oder mich rechtfertigen. Oder auch ausrasten. Es macht keinen Unterschied. Am Ende kann man mir nicht helfen. Mal weil ich mir nicht helfen lasse, mal weil „ich bin doch selbst kein Experte und hab ja nur gedacht“ und oft genug weil es dabei auch gar nicht um mich geht. Oft geht es einfach nur um Macht.

Fragezeichen

Viele Fragezeichen habe ich. Ich schreibe. Dazwischen denke ich an nichts. Oder heule. Manchmal lese ich. Um dann wieder von vorne anzufangen. Lesen, schreiben, heulen und die Wand anstarren. Meilenweit entfernt von „bereit in die Klinik zu gehen“.

Ich zweifle. An mir und meinen Entscheidungen. An meiner Wahrnehmung. Meiner Einschätzung. Mein ganzes Weltbild wankt. Ach was, es ist schon zerstört. Es wurde letztes Wochenende zerstört. Eingestürzt, wie ein Kartenhaus. Meine üblichen Interpretations- und Erklärungsversuche. Wie so oft. Ich bin auf dem richtigen Weg. Sehe Dinge, die real sind. Und dann sehe ich immer mehr und mehr und mehr und mehr. Jede Wahrheit, die ich finde, hat nur eine geringe Halbwertszeit. Die nächste bereits in den Startlöchern. Die Wahrheit, sie schält sich heraus wie eine Zwiebel. Immer bin ich überzeugt davon JETZT ENDLICH die finale Schicht erreicht zu haben. Verstanden zu haben. Wenn ich fertig mit verstehen bin, sehe ich die neue Schale. Und es ist klar, ok, dass ist noch nicht der Kern. Nah dran, aber noch nicht da. Und so schäle ich mich durch eine weiter Schicht. Immer auf der Suche nach dem Kern. Immer in der Überzeugung ihn jetzt gefunden zu haben.

Narzissmus ist so ein Ding. Die vermeintliche Ursache. Der Kern. Endlich. Endlich etwas das Sinn ergibt und mich weiterbringt. Endlich etwas, was ich verstehe. Was erklärt, warum es in mir drin so aussieht. Erklärt, warum „so ein bisschen innere Kind-Arbeit“ bei anderen prima funktioniert, nur bei mir nicht. Ich bin kein unglückliches Kind. Ich habe tolle Eltern und eine schöne Kindheit. In meinem Kinder-Ich sehe ich den schrägen Film nicht. Und ich spüre ihn auch nicht, weil ich mich selbst nie gespürt habe. Meine emotionalen Erinnerungen aus der Kindheit? Selten ist da etwas, wie ich mich gefühlt habe. Häufig, das was andere Leute gefühlt haben. Als ich so alt war wie mein Sohn? Ich war da schon Eheberaterin und Paartherapeutin. Eingesetzt von meiner Oma. Spionin. Immer zwischen den Fronten. Und immer die, die alles richten sollte. Den Auftrag dazu bekam. Und immer wieder: Der Oma darf man nicht widersprechen. Weise Worte meines Opas, er war da pragmatisch. Hatte gelernt: Der Narzisst duldet keinen Widerspruch! Lass Dich auf keine Diskussionen. Und gebe keine Information preis. Sie wird später gegen Dich verwendet werden.

Mein Opa schwieg und ignorierte. Das dicke Fell. Meine Mama log und lebte ein Doppelleben. Mein Vater schüttelte über all das den Kopf und ließ meine Mum irgendwann einfach nur noch auflaufen. Und ich mitten drin. Mit dem Anspruch eine möglichst perfekte Tochter für die Oma zu sein. Der Oma bloß keine Schande zu machen (die dann als Versagen meiner Mutter ausgelegt werden könnte – Selbstschutz. Ich habe das erst jetzt verstanden.) Gleichzeitig lebten meine Eltern ihr Hippie-Leben und fanden das irgendwie ganz gut, dass ich ähnlich tickte. Und gleichzeitig nach außen die Unschuld vom Lande für die Oma geben konnte. Optisch. Schüchtern genug war ich auch.

Aber in mir wohnt ein kleiner Rebell. Dagegen. Vor allem dagegen sich zu verstellen. Und gleichzeitig ein Spiel mit den Rollen. In Verhandlungen habe ich es eingesetzt, dass ich harmlos und naiv wirken kann. Ich wurde unterschätzt, mindestens aber war mir stets ein Überraschungsmoment sicher. Und anschließend Respekt. Im Job wurde mir früher viel Respekt entgegengebracht. Ich kann sehr dominant und fordernd und unnachgiebig sein. Gleichzeitig bin ich so darum bemüht, dass es anderen gut geht, dass Kompromisse gefunden werden konnten. Verhandeln. Das kann ich. Solange keine Emotionen im Spiel sind. Es um die Sache geht. 2 Kunden haben mich klein gekriegt. Nicht in der Verhandlung. Bei der Begrüßung. Ich war ein Kind und bin aus der Rolle nicht mehr rausgekommen. Ein Desaster, auch emotional. Selten habe ich mich so minderwertig gefühlt. Regelrecht Panik vor der nächsten Verhandlung gehabt. Davor erneut ein Totalausfall sein zu können. Es ist lange nicht wieder passiert. Die Hintergründe heute erst verstanden. Mein narzisstisches Trauma. Es bestimmt meine ganze Sicht auf die Welt. Meine Welt. Nicht im Kopf, im Kopf habe ich all das lange hinter mir gelassen. Kenne die Dynamik, verstehe, kann einordnen, reflektieren. Emotional? Drück die richtigen Knöpfe und ich bin emotional sofort wieder „da“. In einer alten Situation. Mit allem was dazugehört. Ich fühle, was ich damals gefühlt habe. Und es sind so viele Situationen, die mich verletzt haben. Ein offenes Trauma, so nennt man es in der Psychotherapie. Meine Energie geht in die Bewältigung von Traumen. Und ich habe mir davon viele im außen kreiert, viele solcher Situationen, die mich getriggert haben. Unser (excuse my French) abgefuckert Vereinsvorstand. Meine 2 Chefs + die Hälfte der Firma. Meine Familie lassen wir mal außen vor, auch die habe ich mir nicht vom Leib (oder besser von der Seele) halten können. Aber der Todesstoß war meine Beziehung. Mein Freund. Und mein schlimmster Feind. Größter Lehrer. Wie auch immer man das sagen will.

Ich brauche keine alten Blogs zu lesen. Alles, was mit ihm geschehen ist, oder seit es mit uns angefangen hat, ging so tief in meine Psyche, dass jedes Gefühl noch da ist. Präsent ist. Alles, was passiert ist. Johanna, auch sie hat einen großen Anteil daran, dass es tief ging. Er hat mir die Situationen geliefert. Den Spiegel, an dem ich mich abarbeiten kann. Die Fragen, die ich stellen muss. Die Richtung, in die ich schauen soll, die hat Johanna vorgegeben. Ist ein Gedanke erstmal im Kopf, wird es schwer ihn wieder los zu werden. Der Same ist gesät, und wenn es ein böser Monsanto-Samen ist, dann wird leider auch dieser Samen zu eine Pflanze heranwachsen. Keine schöne Blume, sondern fieser Gen-Mais. Resistent gegen alles, selbst gegen Round-Up. Er war mein größter Lehrer. Ausgehalten habe ich das alles nur, weil ich keinen Job hatte. Zeit hatte all das zu bearbeiten, was hoch kam. Mich mit alten Verletzungen zu beschäftigen, sie hinter mir zu lassen. Zu erkennen, das es nicht er ist, sondern ich.

Es stimmt. Alles ist in mir. Alles findet in mir statt. Es sind meine Gefühle, nicht seine. Ich gebe ihm Schuld, wo er keine hat. Und doch lese ich die Phasen einer toxischen Beziehung und es ist mein Leben. Ungeschönt, einfach das, was in mir drin passiert ist. Wer trägt denn nun die Schuld? Was hat er befeuert, wo habe ich meine Grenze nicht deutlich gemacht. Es ist Käse. Alles ganz großer Käse. In unserer Beziehung stimmt etwas nicht. Ganz gewaltig nicht. Die Intensität eigentlich nicht zu ertragen. Zu schön, um wahr zu sein. Zu schmerzhaft, um schön zu sein. Lange zu unklar, um überhaupt wahr zu sein. Immer schmerzhaft. Immer intensiv. Mit viel Drama und wenig Ruhe. Ruhe, die wir beide eigentlich gesucht haben. Zur Ruhe kommen.

Wer trägt die Schuld? Er sagt mir immer wieder, dass ich eigentlich ein niemand bin. Nicht wirklich schlimm, wenn ich weg wäre. Er sagt es anders, aber seine Wortwahl ist so. Nicht mehr egal, statt wichtig. Am Anfang, ganz am Anfang hat er mir gesagt, wie ich wichtig ich ihm wäre. Irgendwann nur noch „egal“. Manchmal auch „Du bedeutest mir nichts“. Was auch immer. Es hat nie zu meinem Gefühl gepasst. Mich extrem verwirrt. Wem vertraue ich? Meinem Gefühl oder dem was er sagt?

Auch heute frage ich mich, was hinter seinen Aussagen steckt. Die Zitate aus dem letzten Blog. Wenn ich es so nehme, wie es geschrieben steht, kann ich nur zu einer Erklärung kommen. Mein Gefühl sagt mir etwas anderes. Früher mehr, aber es ist immer noch da. Dieses Gefühl, dass er mich liebt. Worte, die nicht zu meinem Gefühl passen. Apelle, ich möge nicht interpretieren. Das nehmen, was er geschrieben / gesagt hat. Ich nehme es wörtlich und es verletzt mich. Ich höre auf mein Gefühl und es verwirrt mich. Egal, für welchen Weg ich mich entscheide, es geht mir nicht gut dabei. Überhaupt nicht gut geht. Womit es mir gut geht? Ignorieren. So tun, als wäre es nicht da. So, wie mein Opa mir geraten hat. Einfach ein dickes Fell.

Ich habe kein dickes Fell und ich möchte auch gar keines. Es macht mich kaputt. Was ich tatsächlich brauche, ist einfach nur Liebe. Bedingungslos, einfach weil ich bin wie ich bin. Egal, wie ich gerade im Moment bin. Zu wissen, dass ich auch ohne „Performance“ geliebt werde. Geliebt, auch wenn ich versagt habe. Das fehlt mir in meinem Leben. Es fehlt mir von meiner Familie. Es fehlt mir von mir selbst. Die Selbstliebe entdecke ich gerade. Es ist mir leichter gefallen, dass nicht alleine tun zu müssen. Jemand, der vermeintlich für mich da ist und mich auch unperfekt mag. Entlastend und entspannend nicht perfekt sein zu müssen. Wo ist dieses Gefühl hingegangen? Warum ist es weg? Und wie kann ich mich selbst lieben und gleichzeitig zulassen, dass mich jemand verletzt? Es ist ein einziger Widerspruch. Ein unlösbares Rätsel. So wie mein Job, ebenfalls eine unlösbare Aufgabe. Statt zurückzutreten und zu schauen, was ich FÜR MICH gutes daraus machen kann, habe ich versucht die Aufgaben trotzdem zu lösen. Einfach weil ich kann. Und wäre ich auch nur ein klein wenig härter im Nehmen, dann hätte ich das auch geschafft. Ich könnte härter im nehmen sein. Viel härter. Aber ich will nicht mehr. Irgendwas in mir drin lehnt „hart sein“ kategorisch ab. Nie wieder. Nie, nie wieder mich selbst bestrafen. Verlangen, dass ich dankbar bin für einen Job / Freund / Mutter, obwohl es mir nicht gut tut. Von mir selbst verlangen, dass ich weiter mache, hart bin, nicht aufgebe und mich nicht so anstelle. Dass ich eine gute was auch immer für wen auch immer bin. Mein Anspruch an mich selbst. Keine Angriffsfläche bieten. Möglichst perfekt sein. Und niemals aufgeben, weil das mit Versagen gleichzusetzen wäre. Und immer wieder kommt die Selbstliebe um die Ecke und fragt: Was ist mit mir? Damit, wie es Dir geht? Ist das nicht wichtig? Bist Du Dir nicht wichtig? Warum bleibst Du in der Situation?

Ich sitze da, wie das Kaninchen vor der Schlange. Keine Widerworte geben. Unfähig und klein. Ein Kind kann keine Entscheidungen treffen. Ich traue mir nicht zu beurteilen zu können, was gut für mich ist. Zu groß ist der Widerstand meiner Familie, meiner Chefs, meines was auch immer. Immer wieder ein Grund Dinge nicht zu tun. Weil irgendjemand sagt: Geht schief. Das kannst Du nicht. Du verstehst doch gar nichts von der Welt. Meine Oma versteht nichts von der Welt. Trotzdem beeinflusst sie mein Denken. So bekloppt sie ist. Was, wenn Oma recht hat? Immerhin ist sie Oma. Lebenserfahrung. Was, wenn sie Recht hat? Egal, wohin ich blicke oder mich wende. Mach es nicht. Sei vorsichtig. Du weißt doch gar nicht…

Ich kämpfe dagegen an. Es kostet zu viel Kraft. Mit der Familie zu brechen bringe ich nicht über mich. Es scheint mir falsch. Liebe. Mitunter habe ich die auch für meine Oma. Manchmal kann ich mich darauf einlassen, dass sie ein schlimmes Leben hatte. So schlimm, dass sie es selbst verdrängt hat. Zu tief sitzt die Gehirnwäsche ihrer Eltern. Ihr Wille, der wurde ihr schon als Kleinkind gebrochen. Meine Ur-Großeltern waren stolz darauf. Haben sich damit gebrüstet ihre Tochter zu Gehorsam erzogen und ihr den Willen gebrochen zu haben. Es erklärt so viel, aber entschuldigt es auch ihr Verhalten? Ich bin selbst Mutter. Ich sehe, wie ich gegenüber meinem Kind versage. Auch versage, weil meine Mutter mich nicht richtig geliebt hat. Weil sie nicht geliebt wurde. Sie hat Mutterliebe von ihrer Mutter nicht lernen können. Auch meine Oma konnte scheinbar von niemandem lernen, wie Mutterliebe sich anfühlt. In unserer Familie ist vieles schräg.

Aber kann ich mich durch eigene traumatische Erlebnisse wirklich der Verantwortung für meine Taten entziehen? Ist das eine legitime Entschuldigung? Meine Aufgabe zu akzeptieren und zu verzeihen? Es fühlt sich nicht richtig an. Schwere Kindheit hin oder her, meine Oma hätte. Ach, sie hätte so viel gekonnt. Sie hat aber nicht. Nicht mal verstanden hat sie. Bis heute nicht.

Er? Hat auch ein Trauma. Mindestens durch eine unverarbeitete Trennung. Ich vermute, dass auch hier die Trennung nur das Deckmäntelchen ist. Das auch in seiner Familie Narzissten ihr Unwesen getrieben haben. Narzissten. Was ein blödes Wort. Es geht um typische Verhaltensweisen, nicht um Pauschalverurteilung bestimmter Menschen. Menschen passen nie in Schubladen. Vermute, es geht auch bei ihm um etwas, was viel tiefer ist. Und weil es in unserer Beziehung schon immer diese Ähnlichkeiten gab, ist da vermutlich auch auf seiner Seite genug Reibungsfläche für mich. Und ja, die Frage, wer von uns der Narzisst ist, die stellt sich. Ich konnte es vor ein paar Tagen nicht beantworten und kann es heute nicht. Nicht mal, ob wir überhaupt Narzissten sind, oder uns doch eher wie typische Opfer verhalten. Eins wird deutlich. Große Verlustangst und wenig Vertrauen. Beide gefangen in einem Film von „der / die wird eh gehen“. Zum Scheitern verurteilt. Ich hänge nicht mal an seiner Fotowand. Und ich muss lachen. Lachen, über den Moment als ich damals unser Foto aus dem Päckchen zog. Mich gefreut habe. Als es darum ging einen Platz zu finden, fragte ich mich, ob er wohl auch einen Rahmen für seine Fotowand gemacht hat.. Ich denke sogar, dass ich ihn gefragt habe, ohne eine Antwort zu bekommen. Lachen, weil ich damals dachte „sicher nicht, dann muss er Dich wenigstens nicht abhängen, wenn es nicht funktioniert hat.“ Und genauso war es scheinbar auch. Da hat meine innere Stimme mir gute Dienste erwiesen. Wie so oft. Stelle ich die Frage, erhalte ich umgehend eine Antwort. Ich musste daran denken, als ich das Bild weggenommen habe. Jetzt stehen mein Sohn und ich dort. Ich sehe nicht, was dort wirklich steht. Gehe ich vorbei, sehe ich uns. So sehr, dass ich schon irritiert stehen geblieben bin. Häh, das Bild hattest Du doch weggeräumt? Und wieder, häh, was hast Du da gerade gesehen. Nicht mal der Rahmen ist ähnlich. Das Bild schaut mich aus dem Schrank heraus an. Direkt in meine Augen und fragt mich: Ist es das was Du wolltest? Und wie immer, wenn ich eine Frage stelle, erhalte ich umgehend eine Antwort. Nein. Ein klares Nein. Das ist überhaupt nicht was ich wollte. Überhaupt nicht was ich will. Ich wollte nie gehen. Ich will es auch heute nicht. Was auch immer der Kopf dazwischen quakt, mir zu erzählen hat, wie Recht er haben mag oder auch nicht. Mein Gefühl sagt etwas anderes.

Und gleichzeitig weiß ich, dass vor allem mein Gefühl diese Entscheidung getroffen hat. Um mich zu schützen. Zu schützen vor etwas, was mir offensichtlich überhaupt nicht gut tut. Es ist irrelevant, warum es mir nicht gut tut. Unwichtig, was genau mir nicht gut tut. Ich muss es nicht verstehen, keine Erklärung finden, keinen Schuldigen. Nichts. Ich darf wahrnehmen, das was ist wahrnehmen. Es tut mir nicht gut. Er tut mir nicht gut. Löst zu viel Chaos in mir aus. Chaos, dem er sich nicht stellen will. Nicht stellen kann, weil er eigenes Chaos hat, dem er sich ebenfalls ungern stellen will. Wir drehen uns im Kreis. Inzwischen hat sich ein Berg an Verletzungen aufgebaut, der sich nicht mehr wegdiskutieren lässt. Jede erlittene Verletzung taugt als Ausrede, doof zum Anderen zu sein. Es ist in Teufelskreis. Was bleibt ist aber immer auch die Gewissheit: Egal, was ich tue. Egal, wie viel Therapie ich mache. Egal, was ich mache. Ich werde sein Problem nicht für ihn lösen können. Und soll das auch gar nicht. Mit einem ungelösten Problem kann ich nicht leben. Es wirkt sich auf die Art aus, wie wir eine Beziehung führen.

Tief verinnerlicht, diese Angst jemanden zu verlieren. Auf beiden Seiten. Er spiegelt mir immer wieder, dass ich mich noch nicht als würdig erwiesen habe. Noch nicht klar ist, ob er will das ich bleibe. Ich kann dieses Spiel nur überleben, wenn ich zumindest die Fassade wahre. Meine Selbstachtung nur dadurch aufrechterhalten, dass ich mich auf ein ähnliches Niveau herablasse. Der eine weiß nicht, ob er jemals wieder kann. Der andere nicht, ob er überhaupt jemals könnte. Jeder hängt in seinem Trauma. So tief, dass es keinen Ausweg gibt. Der Ausweg? Den anderen verletzen. Genau die Knöpfe zu drücken, die besser ungedrückt bleiben sollten. Und immer wieder demonstrieren: Hey, wenn Du gehst, geht MEINE Welt zumindest nicht unter. Wir beide. Anderes Spiel, gleiches Ergebnis.

Fehlendes Vertrauen. Und damit die Basis für alle weiteren Verletzungen. Ist mir jemand wohlgesonnen? Fühle ich mich wertgeschätzt und angenommen? Vergreift diese Person sich im Ton, macht das nichts mit mir. Ich weiß, wie ich es einordnen kann und nehme es nicht persönlich. Passiert halt. Wir sind alle nur Menschen. Ist das Vertrauen angeknackst? Dann geht Kritik tiefer. Der Ton wird entscheidender. Stehe ich auf der Watchlist? Was ist hier los? Ist zwischen uns alles ok? Bin ich ok? Das alles lässt sich aushalten, solange ich nicht abhängig bin. Nicht untergeordnet. Im Job? Ich brauche den Job. Und als Chef steht er über mir. Privat? Ich brauche ihn, brauche die Geborgenheit. Er würde mir sehr fehlen. Und habe das Gefühl, dass er alleine entscheidet, ob ich bleiben darf oder gehen muss. Weggeekelt. Ein Wort, dass ich früher häufiger benutzt habe, um zu beschreiben, wie ich mich fühle. Weggeekelt und damit die mir zugedachte Rolle perfekt ausgefüllt zu haben. Den gegangen bin ich. Ich habe die Beziehung weggeworfen. Diese Schuld trage ich. Ob ich wirklich „ich wusste immer, dass Du gehen wirst“ gehört habe oder es mir nur einbilde. Es ist da. Als Anklage an mich. Der Vorwurf, dass ich auch gehen werde. Wie alle Frauen, alle Menschen ohne Werte. Der war unausgesprochen immer da. Immer das Gefühl schon vorher verkackt zu haben. Aufgrund meines Geschlechts per se nicht vertrauenswürdig zu sein. Es ist alles müßig. Erklärungsversuche. Versuche für mich selbst irgendeine Basis zu finden. Ein „ich hab’s, wir reparieren dieses Rädchen und alles läuft wieder“. Es wäre so schön. So schön. Zu schön, um wahr zu sein.

Deshalb ist es auch nicht wahr. Es ist einfach nicht wahr. Mir geht es schlecht. Ich habe Angst vor ihm. Das Bild vom geprügelten Hund ist wahr. So fühle ich mich. Auch das mit der Selbstliebe ist wahr. Ich kann diese Beziehung nicht mit meiner Selbstliebe vereinbaren. Es wühlt mich auf, verletzt mich. Bringt mich so an die Grenze, dass ich nicht mehr klar denken kann. Mein Leben bricht auseinander. Es ist genau der Kampf, den ich nicht führen kann. Der, für den meine Kraft nicht mehr reicht. Ich nehme den Trostpreis und gebe auf. Einfach auf. Ich kann nicht mehr kämpfen. Der Hamster in seinem Hamsterrad, der irgendwann aufgibt. Das einzige, was ich brauche ist ein ruhiger Hafen. Geborgenheit. Sicherheit. Wissen, das der Hafen noch steht, wenn ich morgens aufwache. Meine Realität? Ich wache morgens auf und bin in einer anderen Stadt. Einem Sturm auf offener See. Auf einem Berg weit weg vom Meer. Und jedes Mal habe ich Panik. Nackte Angst. Wo bin ich? Wie bin ich hier her gekommen? Was passiert mit mir? Annehmen, akzeptieren, loslassen. Morgens der Check: Ist noch alles dran? Atmest Du noch? Ok, dann lebst Du noch und es geht weiter. Alles wird gut. Ich kann mich selbst regulieren. Es kostet Kraft. Mich immer wieder neu orientieren zu müssen. Es löst Panik aus. Jedes Mal. Manchmal Todesangst. Auf einem Boot im Sturm aus dem Schlaf zu schrecken, wenn man dachte in einem sicheren Hafen zu sein. Lass den Sturm weg. Auch ohne Sturm eine Grenzerfahrung, die sich aber bewältigen lässt. Schalte den Sturm wieder ein und es ist lebensbedrohlich. Es geht um alles oder nichts. Ich kann nicht mehr. Wenn Leben auf einem Boot bedeutet, dass das mit mir passiert, dann kann ich nicht auf einem Boot leben. Außer ich baue eine große starke Mauer um mein Boot, eigenhändig, um ganz sicher zu gehen, dass es wirklich wirklich sicher für mich ist auf dem Boot. Aber ganz ehrlich? Ein eingemauertes Boot? Wem soll das nützen, zu was soll das gut sein? Es ist die denkbar schlechteste Lösung. Vielleicht wäre es in diesem Fall besser einfach zu akzeptieren, dass ich mich auf einem Boot nicht sicher fühle. Einen anderen Ort zum Leben brauche. Den 4-Kant Hof. Es bleibt mein Traum. Unbelastet ist er nicht mehr. Der Gedanke erfüllt mich mit Trauer nicht mit Freude.

Abschied. Noch bin ich nicht so weit. Ich fühle mich schlecht. Ich zweifle. Zeichen. Überall Zeichen. Für jeden Zweifel erhalte mindestens ein Zeichen, gerne auch mal mehr. Die geistige Welt weiß, dass ich schwer von Begriff bin. Immer im Zweifel. Heute morgen in meiner Inbox. Darf ich Deinen Rucksack tragen? von Lesley. Ich habe lange nichts von ihr gelesen. Wenn ich lese, trifft es den Nagel auf den Kopf. Etwas abstrakter, aber auch sehr treffend: Ungesagtes Warum gerade heute? Karten, die mir wieder in die Hände gefallen sind. Ich ziehe: Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben. Manch einer mag hier den ultimativen Beweis für meinen Narzissmus sehen. Ich sehe mich als ich die Karte geschrieben habe. Klein, unbedeutend. Jeder hat Platz in meinem Leben, in meinem inneren, nur ich selbst nicht. Ich musste weinen. Dann und auch jetzt. Es steckt so vieles dahinter. Es ist treffend ausgerechnet diese Karte zu ziehen. Mehr als treffend. Wie so oft. Das Gefühl der Wahrheit. Egal, was der Kopf sagt. Wahrheit und Klarheit im Gefühl. Zu wissen: Egal, was mein Kopf mir für eine Geschichte hierzu präsentiert. Es ist wahr.

Und es ist wahr. Ich selbst bin der Fokus in meinem Leben. Die wichtigste Person in meinem Leben. Nur, wenn es mir gut geht, kann ich der Welt etwas zurückgeben. Nur, wenn Fülle in mir drin ist, kann ich anderen dienen. Ohne Selbstliebe, keine Liebe für andere. Ohne Selbstliebe, keine Liebe von anderen. Es gilt für uns beide. Für mich, aber auch für ihn.

Der Tag hat einiges gebracht, war anstrengend. Meine Katzen sind weg. Mein Kind ist weg. Vollkommen alleine in der Wohnung. Seine Kinder ebenfalls nicht da. Wir hätten uns gesehen. Eigentlich. Ich habe mich darauf gefreut. Mein letztes Wochenende zu Hause. Mit ihm. Nochmal Nähe tanken. Es tut weh. Wieder zweifle ich. Und ziehe noch eine Karte. Ich segne mich und mein Wirken. Mehr gibt es nicht zu sagen. Die richtige Entscheidung. Die einzige Entscheidung. Mich in Sicherheit bringen. Dafür sorgen, dass es mir gut geht. Mir selbst eine gute Mutter sein. Alles andere wird folgen. Loslassen und akzeptieren, was kommt. Vertraue dem Leben, denn es meint es gut mit Dir. Tränen, sie laufen. Ich kann es nicht ändern. Akzeptieren, was ist. Akzeptieren, dass ich keine Kontrolle habe. Mich dem Lauf der Dinge hingeben und vertrauen. Mehr kann ich nicht tun.

Bizarr

Es ist bizarr. So bizarr. Alles ergibt plötzlich Sinn. Und doch sind da noch so viele Fragezeichen. Fragezeichen in Bezug auf mich. Nicht auf ihn.

Seine E-Mails, mehr als deutlich. Er liest meinen Blog nicht, auch meine E-Mail nicht. Es würde ihn nicht berühren. (Dafür, dass er nicht liest, weiß er jedoch erstaunlich gut, was ich geschrieben habe.)

Liebe? Zitat 1: „Wir waren so weit entfernt von annähernd irgendwas in Richtung Liebe.. Für mich zumindest.“ Zitat 2: „Weißt du, wenn ein Telefonat dafür reicht, dass du die Beziehung beendest, dann habe ich dir doch nicht so viel bedeutet.“

Warum ich die Beziehung beendet habe? Weil ich mir mehr wert bin als „Zitat 1“. Ich möchte mit jemandem zusammen sein, der mich liebt. Der eine Zukunft mit mir möchte. In guten wie in schlechten Zeiten. Diese Aussage von ihm alleine ist Erklärung für alle das, was in den letzten Monaten schief lief. Für meine Unsicherheit, meine Ängste, meine Traurigkeit. Mein Blog ist voll davon, nur ich wollte es nicht sehen. Das Telefonat. Es war ein extremes Finale, von etwas das sich schon lange abgezeichnet hat. Desinteresse und mangelnder Respekt. Die Frage, welche Chance eine Beziehung hat, wenn ich mich übergangen fühle. Den Eindruck habe, dass über meine Gefühle und Bedürfnisse hinweggegangen wird. Diese Frage stelle ich mir schon länger. Vor allem die Frage: Wird er jemals so weit sein mich lieben zu können? Wie lange dauert das? Und wie viel kann ich in der Zwischenzeit aushalten? Wie viel kann ich überhaupt aushalten? Verletzt mich das nicht zu sehr?

Das Telefonat? Eine Ohrfeige hätte weniger weh getan. Körperliche Gewalt? Ein No-go und Trennungsgrund. In seiner Aggressivität war das Telefonat aber bedrohlicher als eine Ohrfeige. Verletzender, grenzüberschreitender. Zu wieviel Respekt bin ich jemandem gegenüber verpflichtet, der mich misshandelt? Kann ich so jemandem vertrauen, mich ihm öffnen? Und warum sollte ich das tun? Wann darf ich endlich eine Grenze ziehen? Ich habe doch eine liebevolle und wertschätzende Partnerschaft verdient. Mit jemandem, der mit mir zusammen sein will. Dem ich wichtig und wertvoll bin. Es hat weh getan zu erkennen, dass wir nicht diese Art von Partnerschaft führen. Ich habe schon lange nicht mehr das Gefühl wertvoll zu sein. Fühle mich nicht mal ernstgenommen. Hätte er mir nichts bedeutet, wäre mir all das egal gewesen. Hätte es mich wenig berührt. So hat es aber weh getan. Sein Verhalten hat mich abgewertet und immer wieder verletzt. Warum lasse ich zu, dass er mir so viel bedeutet, wenn ich ihm offensichtlich so wenig bedeute. Warum lasse ich zu, dass mich jemand so verletzt, meine Grenze so massiv überschreitet?

Alles daran erinnert mich an früher. An viele frühers. Verschiedene Menschen. Meine Familie. Meine Ex-Partner, meine Ex-Chefs. Die alle Knöpfe gedrückt haben. Knöpfe, die in meine Familie gehören. In die Beziehung zu meiner Mutter. Meine Kindheit. Und über allem meine zutiefst narzisstische Oma. Narzissmus ist der Schlüssel zu allem. Die Verbindung zwischen Menschen, die sich nicht kennen. Die sich nicht mal ähneln. Und doch in mir gleiche Gefühle auslösen. Mich in Verhaltensweisen fallen lassen, die nicht ICH sind. Mein Selbstbewusstsein untergraben, mir meine Energie rauben, mir meine Lebenslust nehmen.

Meine Familie? In der Therapie beschrieben als „das Gummiband, dass mich immer wieder zurück holt“. Egal, wie sehr ich mich verändere. Egal, was ich bearbeite, für mich kläre. Wie oft ich mich schon aus den Fängen dieser Familie befreit habe, um meinen eigenen Weg zu gehen. Das Gummiband holt mich zurück. Was hilft? Keinerlei Kontakt. Weil jeder Kontakt mich triggert, mir Energie raubt, mich in alte Verhaltensweisen zurück fallen lässt.

Kein Verzeihen, keine Aussprache, keine Faust in der Tasche, kann hier etwas bewirken. Nur Kontaktsperre. Am schlimmsten ist es mit meiner Oma. Vor Gesprächen mit ihr habe ich Angst. Vorwürfe, nichts als Vorwürfe. Angst, die großen Sorgen, die man sich um mich machen muss. Blabla, nichts hilft. Ich bin am Ende das arme kleine Mädchen. Oder das undankbare (und zudem dumme) Blag, dass schon sehen wird, was es davon hat. Und außerdem Oma zutiefst verletzt hat. Und dann kommt das schlechte Gewissen machen. Es hat unsere ganze Familie zerstört. Und ich habe einen guten Teil dazu beigetragen. Ich war so lange Opfer. Schon lange bin ich Täter. Auch ich mache meine Mutter klein und schlecht. Bin schon lange der verlängerte Arm meiner Oma, wenn es darum geht den Sündenbock abzustrafen. Richtig, da ist keine Liebe und keine Wärme. Nicht in meiner Familie.

Der Kontakt zu Menschen, die mich klein machen, den muss ich reduzieren. Ich kann ihn nicht vermeiden und sollte es auch gar nicht. Aber ich bin mir bewusst, dass jeder Kontakt Kraft kostet. Jede Erinnerung reißt alte Wunden auf. Ich kann damit umgehen. Aber eben nur in einem geringen Maß. Dazwischen brauche ich ein sicheres Umfeld, um meine Energie aufzuladen. Es ist so und ich weiß das.

Vor allem aber werde ich mich nicht weiter fertig machen lassen für mein Versagen als Mutter. Es sind Dinge, die ich schon 100 Mal erwähnt habe. Selbst weiß. Warum ich mich in einer Spezialklinik beworben habe. 6 Monate auf einen Platz gewartet habe. Nachdem ich in jahrelanger Therapie alles Mögliche aufgearbeitet habe. Aber den Knoten mit meiner Mutterrolle, den habe ich nicht geknackt bekommen. Ich habe es versucht. Seit Jahren kämpfe ich. Die Konsequenz ist es in die Klinik zu gehen. In eine Klinik, die genau auf so etwas spezialisiert ist.

Jemand, der mich liebt, dem ich wichtig bin, der würde diesen Kampf sehen. Mich unterstützen, mental unterstützen. So lange bis Hilfe kommt. Er? Kann es nicht lassen mir auch jetzt noch mal ausführlich aufzuzeigen, wo ich als Mutter überall versagt habe. Wie wenig Wärme es bei uns gibt. Wie groß meine Probleme sind. Ich weiß all das selbst. Ich habe mir Hilfe organisiert. Und den festen Willen dieses Problem ein für alle mal zu lösen. Jetzt, so kurz vor dem Therapiebeginn, noch eine Welle über meine Unfähigkeit zu machen, ist überflüssig, tief verletzend. Da geht es nur um Runtermachen. Ich brauche jetzt keinen Weckruf mehr. Schon lange nicht mehr. Ich bin längst wach und auch bereit zur Abfahrt.

Jemand, dem ich wichtig bin, der hätte auch meine Depression ernst genommen. Wäre für mich da gewesen. Er war es nicht. Teilweise hat er vergessen, was los war. „Ich kann nichts dafür, man sieht Dir ja Deinen Zustand nicht an. Du wirkst so normal.“ „Du brauchst Dich für mich nicht verstellen. Ich nehme Dich so an, wie Du bist.“ Letzte Woche als man meinen Zustand mal sah und ich mich nicht verstellt habe: „Dann hättest Du zu Hause bleiben müssen, wenn Du so drauf bist.“. Dabei habe ich nichts schlimmes gemacht. Niemandem weh getan, nicht geschimpft. Passiv war ich, aber ich habe nichts schlimmes getan. Mir ging es einfach nicht gut. Die End-Szene, die war doof. Aber ich habe auch da den Stein nicht ins Rollen gebracht, nicht alleine. Die erste Frage, die hat er gestellt. Und danach hat er mich permanent unterbrochen. Mich komplett auflaufen lassen, seine Macht demonstriert. Noch nie in meinem Erwachsenen leben, hat mich jemand derart klein gemacht. In einer Situation in der ich wehrlos war. Wegen der Kinder. Auch wegen meinem Kind. Ich konnte mich nicht wehren und auch nicht aus der Situation rausgehen. Und er hat es ausgenutzt. Mich gezielt provoziert. Obwohl er gesehen hat, dass ich schon vorher am Ende war. Die fehlende Entschuldigung meinerseits für mein Verhalten am Samstag. Ich hätte sie ihm gerne gegeben. Ausreden durfte ich am Telefon nicht. Keine Möglichkeit für eine Erklärung, geschweige denn Entschuldigung. Und nach so viel Angriff und Vorwurf auch die Frage: Muss er sich nicht auch für sein Verhalten entschuldigen? Mich so anzugehen, so fertig zu machen. Warum soll ich mich klein machen, Reue zeigen, um Vergebung bitten, wenn er es nicht tut? Respektvoller Umgang in einer Partnerschaft sieht auf jeden Fall anders aus. Beziehung. Das trifft es besser. Eine Partnerschaft fühlt sich anders an. Wir hatten eine Beziehung, keine Partnerschaft. Vielleicht war das wieder so ein Missverständnis?

In all seinen bizarren Facetten wird einiges klarer. Schade ist, dass er mir vorhält ihm keine Sicherheit gegeben zu haben. Er konnte sich nicht öffnen, hatte nicht das Gefühl ich würde bleiben. Und ich? Hatte immer diese Unsicherheit. Wird er überhaupt bei mir bleiben? Von Liebe sind wir sowas von weit weg. Nie wieder lässt er jemanden so nah an sich ran. Welche Sicherheit hat mir dies gegeben? Wie kann ich Sicherheit ausstrahlen, wenn ich mich abgelehnt fühle? Nicht nur ich, alle Frauen. Würde nicht trauern, da ist kein vermissen. Viele „nette“ Sprüche, die ich im Laufe der Zeit zu hören bekam. Die mir immer wieder meinen Stellenwert in seinem Leben vor Augen gehalten haben. Ich hatte keine Sicherheit und bin daran fast zugrunde gegangen.

Ja, es ist mein eigenes narzisstisches Problem. Etwas, das in meiner Familie liegt. Aber ich alleine bin das nicht. Es ist nicht nur mein verkorkstes Selbst. Mein Selbst, das ist gar nicht so verkorkst. Ich bin überraschend reflektiert und differenziert. Überraschend. Mein Umfeld sieht es schon so lange, nur ich lasse mir einreden, von ihm einreden, eine Baustelle zu sein. Wende Dein NLP mal lieber auf Dich an. Das tue ich. Permanent. Ob ich will oder nicht. Und noch viele andere Dinge. Dinge, von denen er auch weiß. Er weiß, dass ich auch mich permanent selbst hinterfrage. Neue Seiten an mir erkenne, alte Muster aufarbeite. Meine Beziehungen kläre. Unpassend mir das vorzuhalten. Er selbst tut nichts dergleichen, keine Therapie, keine Coachings. Nicht mal die Ratgeber liest er. Er hört sie im Auto nebenbei. Damit bloß nichts wirklich ins Gefühl dringen kann. Hören ist anders als Lesen. Erst recht, wenn man es nebenbei tut. Nebenbei. So vieles ist nebenbei.

Seine Reaktion auf das alles? Kein Verständnis, kalt, hart. Darauf aus, mir weiteren Schmerz zuzufügen. Nichts, wofür es sich irgendwie lohnen würde zu kämpfen. Warum mich auch nur einen weiteren Tag in meinem kostbaren Leben einem Mann hingeben, der mich gar nicht will? Jemand, dem es nicht so viel ausmacht, wenn ich weg bin. Ich die Unfähige, vor der er seine Kinder beschützen muss.

Unser Streit im Urlaub. Pfannkuchen für die Kinder. Eine Frage: Was essen wir Erwachsenen? (wörtlich wohl: Und was essen wir? – was später zu einem riesigen Missverständnis führte) Es sollte eine einfache Frage gewesen sein. Ok, die Männer wollen auch Pfannkuchen. Ich wollte keine. Im Kühlschrank war Ofenkäse und Kartoffeln hatten wir auch. Es war alles prima. Niemand hat die Bedürfnisse der Kinder auch nur tangiert und ich konnte Käse essen und musste ihn nicht mal teilen. Pfannkuchen für die Kröten habe ich nie in Frage stellen wollen. Warum mein Bedürfnis etwas zu essen, was mir schmeckt und gut tut, so ein großes Problem darstellt? Ich habe es damals nicht verstanden und tue es auch heute nicht. Ich bin ein Mensch, ich habe Bedürfnisse, für die ich sorgen darf. Und das gilt erst recht, wenn meine Bedürfnisse nicht mit den Bedürfnissen von andern kollidieren. Ofenkäse und Pfannkuchen war kein Widerspruch. Und wir hatten das im Urlaub längst geklärt. Gut geklärt. Es war ein Missverständnis. Nun landet es wieder in der Arena der Vorwürfe. Und ich habe Glaubenssätze im Ohr. Ich weiß, wo es her kommt. Es ist nicht mein Thema und ich will ihn nicht schon wieder analysieren.

Es ist schlimm genug, dass diese Analysen sich aufdrängen. Einfach da sind. Erkenntnisse und Einsichten. Dinge, über die ich mir vor Monaten den Kopf zermartert habe. Zu keinem Ergebnis kam. Irgendwas fehlte. Nie machte es Sinn. Bruchstücke waren immer da. Was mit mir passiert. Welches Verhalten welche Reaktion auslöst. Das Warum war mir nie klar. Warum macht es das mit mir? Nun ergibt es Sinn.

Es wird am Ende nicht nur der Narzissmus übrig bleiben. Und stimmt: „Narzisst… Ich bin kein Narzisst. Nicht wie man ihn sich vorstellt wenn man den Begriff hört.“ Das ist er nicht. Die wenigsten sind „so wie es im Buche steht“ und deshalb schwer zu erkennen. Sorgfältig einstudiertes Verhalten, um nicht aufzufallen. Die böse Seite. So weit will ich gar nicht gehen. Ich brauche keinen Begriff dafür. Schlagworte treffen selten den wahren Kern. Der Sammelbegriff hat mich aber auf eine ganze Reihe von Verhaltensweisen gebracht, die mich wirklich weiterbringen. Das Wissen um diese Muster lässt mich vieles verstehen. Ich werde etwas auflösen können. Es wird meine Mutterrolle verändern und vielleicht mein ganzes Leben. Zum Wohle aller Beteiligten.

Ich bin eine der Beteiligten. Ich darf eine Beziehung beenden, in der ich mich nicht sicher fühle. Eine Beziehung, die meine Gefühle nicht respektiert, in der ich mich nicht gesehen fühle, nicht ernstgenommen werde. Ich darf das nicht nur. Ich habe viel mehr mir selbst gegenüber die Verpflichtung dies zu tun. Ich darf mich schützen. Schon immer. Inzwischen bin ich erwachsen. Ich kann mich mit erwachsenen Methoden schützen.

Ich habe lange gesagt, geschrieben, gefleht und manches hat sich geändert. Im Außen habe ich teilweise bekommen „was ich wollte“. Auf der Gefühlsebene hat sich nichts geändert. Er hat mich weiter immer schön auf Abstand gehalten. Ich habe es gesagt. So so so oft gesagt, dass es mich verletzt, mir nicht gut tut. Was ich mir vielleicht vorwerfen kann? Ich habe nicht klar kommuniziert: „Hey, dass ist ein potentieller Trennungsgrund, wenn sich das nicht ändert. Damit komme ich absolut gar nicht klar.“ Andererseits? Ich stehe nicht auf emotionale Erpressung. Ein „wenn Du nicht xxx, dann mache ich yyy“ ist mir zu kindisch. Ich habe mir gewünscht, dass er mich ernst nimmt. Auch sich selbst ernst nimmt. Er möchte lieber weiter verstecken spielen. Es ist nicht meine Schuld, wenn er sich nicht zeigt.

Spielchen. Ich mag keine Spielchen. Nicht in Beziehungen. Spielchen verletzen und zerstören Vertrauen. Deshalb zukünftig ohne mich. In jedem Lebensbereich: Nettes Spiel, falsche Adresse!

Remember

Was ich niemals vergessen darf: Es zählen nur die Taten. Worte sind Schall und Rauch.

Und wenn jemand, dem ich wichtig sein sollte, dabei steht und zuzieht, wie ich mich an die Wand fahre ohne etwas zu sagen, ohne überhaupt zu reagieren. Dann ist das eine Aussage.

Ich bin mir mehr wert als das. Viel mehr wert.

Narzissten – Teil 2

Und ich lese weiter. Das Thema, es lässt mich nicht mehr los. Leugnen kann ich es nicht mehr. Wahrlich nicht mehr. Es passt zu genau. Die Phase, die Vorgehensweise. Was ich nicht teile, ist die Unterstellung einer bösen Absicht. Ich bin mir nicht sicher, ob Narzissten vorsätzlich handeln oder einfach unreflektiert ihre tiefverinnerlichten Programme abspulen.

Ich werde hier Links sammeln. Links, in denen ich mich wiedererkenne. Geschichten, die ich später nochmal lesen kann. Sie lesen kann jedes Mal, wenn Zweifel aufkommen. Er hat sich nicht entschuldigt. Erst 2 Tage später und erst nachdem ich ihm eine Chat-Nachricht und eine E-Mail geschrieben habe. 2 Bausteine. Mich erinnern, wie die Beziehung abgelaufen ist. Und mich immer wieder darin bestätigen, dass so etwas nicht normal ist.

Meine Beweggründe und alten Muster:

https://newswatch4u.wordpress.com/2012/07/16/erlosung-durch-liebe-ist-von-ausen-unmoglich-2-2/

https://schutzgarten.wordpress.com/2016/09/25/was-macht-mich-zum-perfekten-match/

Auch mal ein Blick über den Tellerrand: https://newswatch4u.wordpress.com/2017/09/23/leben-mit-einem-narzissten-so-sieht-er-sie-so-erlebt-sie-die-beziehung/

https://newswatch4u.wordpress.com/2017/08/20/ein-narzisst-erklaertnur-anerkennung-kann-den-selbsthass-daempfen/

Narzissten

Narzissmus gibt es überall. Schon lange weiß ich, dass mein Chef einer ist. Und Trump und überhaupt ganz viele Menschen auf diesem Planeten. Irgendwie hatte ich ein Bild von so einem Menschen. Laut, auffällig, nicht zu übersehen. Ja, manche sind so. Trump zum Beispiel. Andere sind da sehr viel subtiler, geben sich nicht so leicht zu entdecken. Wo zieht man die Grenze zum Psychopathen oder anderen psychischen Erkrankungen? Die Abgrenzung ist schwierig. Zumal auch nicht jedes komische Verhalten direkt pathologische Züge hat.

Interessant ist, dass sich häufig zwei Narzissten zusammentun, um eine Beziehung einzugehen. Für beide muss das furchtbar sein. Und doch genau das was sie suchen. Narzissmus. Es ist immer eine Form der fehlenden Selbstliebe. Ob ich diese fehlende Liebe nun nach außen trage, in dem ich andere so behandle wie ICH es verdient hätte, das was ich mir selbst erlaube (nämlich wenig gutes). Oder ob ich diese fehlende Liebe nach innen trage, mich abwerten lasse, weil ich tief drin doch selbst glaube minderwertig zu sein. Es macht keinen Unterschied. Narzisstisch ist es beides. Zumindest im Kern.

Ich habe viel über toxische Beziehungen gelesen. Über psychischen Missbrauch. Über die Folgen. Was im „Opfer“ passiert. Entwertung. Narzissmus ist eine häufige Ursache. Dennoch tragen wir alle narzisstische Anteile in uns. Wie viel davon ist normal? Ich denke, es ist wird sehr viel Narzissmus als „normal“ angesehen, weil er eben nicht so extrem auftritt, dass der pathologisch als Narzisst betrachtet wird. Und viele Menschen finden Narzissten ja irgendwie auch gut. Charismatisch, erfolgreich, selbstbewusst. Was aber schon ein klein wenig Narzissmus mit einem Opfer anrichtet, habe ich am eigenen Leib erfahren. Oder besser an meiner Seele. Und verstehe es selbst nicht mehr.

Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen. Ich weiß nicht, ob mein Freund Narzisst ist. Ich kann nicht mal mit Sicherheit sagen, dass ich keiner bin. Wie gesagt, wir Menschen tragen alle narzisstische Wesenszüge in uns. Manche mehr, manche weniger. Und wieder andere sind sich ihrer narzisstischen Züge bewusst, haben sie integriert und unschädlich gemacht. Ich selbst habe bemerkt, dass ich zu narzisstischem Verhalten neige, wenn ich mich schwach fühle, nicht in meiner Kraft bin. Bin ich hart und kalt zu mir selbst, bin ich es potentiell immer auch zu anderen gewesen. Unnachsichtig, fordernd, hart, ohne Mitgefühl. Zu mir selbst und zu anderen.

Was ist phasenweise und was bleibt? Wie verändern Menschen sich? Ich glaube auch Familiendynamiken verändern sich. Oder können sich verändern. Wenn die Machtverhältnisse in der Familie plötzlich anders sind, vielleicht durch einen Unfall oder Krankheit, dann werden die Rollen vielleicht neu gemischt? Aber wer in seiner Kraft steht, mit sich selbst im reinen ist. Der hat es gar nicht nötig andere seine Überlegenheit spüren zu lassen. Wer in sich selbst ruht, braucht die Bestätigung von außen nicht. Der muss nicht besser sein. Weder sich selbst erhöhen noch andere abwerten. Verhaltensweisen, die nur dazu dienen sein eigenes Selbstwertgefühl für den Moment aufzupimpen. Überlegen sein, erhoben, mächtig, besser als andere. Ich hab’s verstanden und ihr sollt meine Überlegenheit akzeptieren (und feiern). Böse Absicht? Da bin ich mal wieder ganz das naive Blondchen. Ich unterstelle niemandem eine böse Absicht. (Deshalb bin ich auch ein leichtes Opfer. Für Narzissten, Psychopathen und anderes Gesocks!) Nein, ich verzeihe jedem. Entschuldige. Auch damit, dass andere auch nur Menschen sind. Es gibt immer Gründe dafür, warum jemand sich im Ton vergriffen hat. Harte Woche, schlecht geschlafen, eine beschissene Scheidung oder ein schlecht gelaufenes Meeting mit dem Chef, natürlich die Kindheit. Immer Gründe. Gründe, warum es „ok“ ist, den anderen anzugreifen. Gründe, mit denen man sich entschuldigen kann. Hinter denen man sich verstecken kann. Vor allem vor sich selbst verstecken. „Das wäre ja alles nicht passiert, wenn … und weil ich hier das arme Opfer bin, war das doch klar, dass ich so reagiert habe.“ Sowas zieht vor anderen. Und am meisten noch vor uns selbst. ICH kann ja nichts dafür. Und ach ja, natürlich tut mir das auch leid. Aber, …

Und zack, ist das Gewissen wieder rein. Diese Angriffe sind leicht zu erklären, leicht zu verstehen. Ganz normale Psychologie. Kompensation über den anderen. Passiert wohl jedem von uns ab und zu. Das Schweigen ist eine andere Nummer. Hier geht es um das Spiel mit Macht und Ohnmacht. Es ist subtiler. Verletzender, denn es macht den anderen ohnmächtig. Unwissend, klein. Wie ein Kind. Der Schweigende? Er wusste möglicherweise wirklich nicht, was er hätte sagen sollen. Und hat deshalb geschwiegen. Nur, wo ist die Grenze? Wie lange darf man schweigen, wenn man spürt, dass es den anderen verletzt? Darf man dann überhaupt schweigen?

Schweigen. Es ist ein Zeichen von Respektlosigkeit. Schreien übrigens auch. Respekt, das ist eine Grundhaltung. Respekt (und damit meine ich positiven Respekt!) spürt man in den Worten. Der Wortwahl, der Betonung. Ist mir jemand wohlgesonnen? Fehlenden Respekt erspürt man auf die gleiche Weise. Und er wird quasi auf dem Silbertablett präsentiert. Ob ich will oder nicht. Fehlt der Respekt, wird das in der Kommunikation immer auffallen.

Narzissten. Sie sind Meister der Tarnung. Psychopathen auch. Angeblich studieren sie vor der Spiegel „normales menschliches Verhalten“ ein bis sie es beherrschen. Ab 30 haben beide ihre „Tarnung“ so perfektioniert, dass sie kaum noch zu enttarnen sind. Ob mein Freund ein Narzisst ist? Keine Ahnung. Haben wir eine toxische Beziehung geführt? Auch das kann ich nicht mit einem klaren Ja beantworten. Was ich klar bejahen kann ist die Tatsache, dass ich mich in den Symptomen wiedererkannt habe. Sehr wieder erkannt habe. Sowohl der toxischen als auch der narzisstischen. Missachtung, nicht wichtig nehmen, nicht ernst nehmen. Macht über mich ausüben. Subtil. So als wäre es gar nicht da. Nicht greifbar. Nicht erklärbar.

Überall lese ich, man soll aufschreiben, was gesehen ist. Jede Äußerung, jede Begebenheit. Jedes Mal, wenn Verletzung stattgefunden hat. Dokumentieren, wie man sich fühlt oder gefühlt hat. Warum? Die einen sagen als Beweismittel. Andere werden Dir nicht glauben (s. meine Bossing-Doku). Die anderen sagen als Beweismittel. Für Dich selbst. Damit Du immer wieder nachlesen kannst, was passiert ist. Wie schlecht Du Dich gefühlt hast. Es klang nach einer plausiblen Idee. Bis mir auffiel: Ich habe doch geschrieben. Die ganze Zeit über habe ich geschrieben. Lies doch einfach. Lies und Du wirst sehen, dass das alles nur in Dir ist. Damals Dein Film war. Heute wirst Du lachen.

Heute? Da lese ich und muss nicht lachen. Eher brechen oder weinen. Mittlerweile ist es gut. Zumindest habe ich gemerkt, dass er mir nicht gut tut. Die ganze Zeit über. Und ich habe es gesagt. Und geschrieben. Und auch Gründe gefunden. Gründe, warum sich nichts ändern kann. Nichts ändern wird. Immer wieder: Ich bekomme Dinge ab, die nicht zu mir gehören. Nach all dem Leid, ist es zumindest ein Trost, dass ich es gesehen habe. Ich war mir darüber bewusst. Im klaren was passiert. Und dadurch geschützt. Nicht vor Schmerzen, aber davor ins bodenlose zu fallen. Die Trennung, sie ist hart. Sie tut weh. Sie ist von vielen Zweifeln begleitet. Vorwürfen, die ich mir selbst mache. Aber sie zieht mir nicht den Boden unter den Füßen weg. Ich war vorsichtig. Aber ich habe gehofft, geglaubt, vertraut, mitgefühlt und mitgelitten. Ich hätte es mir gewünscht. „Er geht nicht zum Coach und ich nicht mehr mit ihm ins Bett.“ Ich habe es immerhin gesehen, gesehen was passiert. Nur habe ich nicht erkannt, was sich mir präsentiert. „Dabei holen sich beide den größten Feind und gleichzeitig Lehrer ins Boot.“ Gelernt habe ich viel. Oh mein Gott habe ich viel gelernt. Und aufgeschrieben. Das Bewusstsein und die Erkenntnis bleibt.

Die Parallelen sind nun unübersehbar. Auch was Johanna meinte mit „schau Dir Deine Männer an“. Im Job, privat, ich habe es auf so vielen Ebenen gleichzeitig präsentiert bekommen, damit ich es endlich verstehe. Endlich erkenne. Nein, nicht ganz. Eher andersrum. Der Narzissmus war schon immer da, um mich herum. Ich habe ihn nur als normal angesehen. Ich kenne es ja kaum anders. Nie gut genug. Inzwischen weiß ich, dass es eine besondere Form darstellt. Der versteckte Narzissmus. Und ja, genau das läuft in meiner Familie. Seit Jahren. Und seit ich denken kann auch in meinen Beziehungen. Wenn Du ständig fragst, was habe ich falsch gemacht? Und die Antwort ist: Nichts, alles ist ok.

Ich bin froh, dass ich all dies gefunden habe. Mir ist es nicht wichtig, eine Diagnose zu stellen. Über meinen Freund zu urteilen. Es sind seine Themen, seine Baustellen und ggfs. auch seine Diagnose. Was mir in den letzten 2 Jahren passiert ist, braucht für mich kein Schlagwort. Mir ist nicht wichtig, wie man es nennt, ob es überhaupt einen Namen hat. Es hat mir nicht gut getan. Es war nicht richtig. Ich bin froh, sehr sehr froh, dass es andere Menschen gibt, die ihre Erfahrungen damit so breitwillig teilen. Egal, welchen Namen der Missbrauch trägt. Es geht darum, wie ich mich fühle. Und das diese Gefühle da sein dürfen. Da sein als das was sie sind: Warnungen und Zeichen.

Es tut mir auch gut zu lesen, dass alle Frauen zweifeln. Der Absprung, die Trennung besonders hart ist. Es hilft mir mich daran zu erinnern, dass ich im Zweifel einen alten Text lesen soll. Und spätestens danach bin ich für den Moment wieder geheilt. Geheilt von dem Wunsch, er möge doch zurückkommen. Ein Hauch Zweifel bleibt. Da ist immer wieder dieser Gedanke: Was, wenn er eine Therapie macht? Ein Coaching? Schon so oft habe ich das gedacht. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich eine Lösung ist. Vor 2 Jahren, da habe ich das geglaubt. Felsenfest. Heute? Da denke ich, dass mein Freund nicht nur eine gescheiterte Ehe zu verarbeiten hat. Dass die gescheiterte Ehe sogar noch das kleinere Problem ist. Vermutlich gescheitert ist, weil er ein viel älteres Problem hat, dem er sich nicht stellen will. Wenn er es täte, würde es vermutlich lange dauern bis es aufgearbeitet ist. Und so lange würde ich potentiell leiden. Ob er mich böswillig leiden lässt oder weil er es einfach nicht anders kennt? Macht es für mich einen Unterschied? Ich möchte nicht so behandelt werden. Punkt. Ich möchte meine Energie lieber für schöne Dinge einsetzen. Wieder Freude am Leben haben.

So oder so: Ich bin nicht schuld daran, wie sich die Dinge entwickelt haben. Nicht verantwortlich. Ich habe auch keine übertriebenen Erwartungen gehabt. Und bin auch nicht so kaputt, wie ich dachte. Mit mir ist alles in Ordnung. Ich muss nur wieder zu Kräften kommen und meine alten Muster auflösen. Die Muster, die dafür sorgen, dass ich immer wieder beim gleichen Typ Mann lande. Die Muster, die meine Familie belasten, auflösen und den Schmerz hinter mir lassen. Und dann in meinem Leben wieder durchstarten.

Aufprall

Heute bin ich „unten“ angekommen. Der Aufprall geschehen. Mir tut jeder Knochen im Körper weh. Mein Kreislauf ist am Boden. Nach 3 Minuten auf den Beinen, habe ich das Gefühl ohnmächtig zu werden. Der einzige Ort an dem es mir gerade gut geht, ist die Schlafcouch. Mit Decke über dem Kopf und meinen Katern. Wenn ich einfach liege, warm und weich eingepackt bin, dann geht es. Nicht bewegen. Zusammengerollt unter der Decke. Einfach nur liegen. Im Bett liegen.

Ich kann es mir überhaupt nicht erlauben. Vollgas sollte ich geben. Meine Wohnung in Ordnung bringen, Wäsche waschen. Koffer packen. Sichergehen, dass ich alles notwendige geregelt habe. Ich tue nichts. Ich kann nicht. Gestern habe ich es nicht mal geschafft mich anzuziehen.

Mein persönlicher Todesstoß. Eh schon in der Krise. Klinikaufenthalt voraus. Aber es ging mir relativ gut. Bis diese blöde Abmahnung kam. Nun steht alles Kopf. Ausnahmezustand seit einem Monat. Und jetzt noch eine Trennung. Es ist zu viel. Ein völlig unpassender Zeitpunkt. Ausgehalten habe ich es es nicht mehr. Es ist richtig so. Kein Weg führte daran vorbei. Ich habe etwas erkannt. Etwas für mich entscheidendes erkannt. Und ja, eigentlich, da ist er ganz anders. Und eigentlich war es wirklich schön mit uns. Uneigentlich? Emotional habe ich mich nie angenommen gefühlt. Er hat mich nicht ernst genommen. Situationen kontrolliert. Was geht, was geht nicht. Über was wird gesprochen. Wann gesprochen wird. Es ist tatsächlich gut, dass ich Blog geschrieben habe. Meine Wahrnehmung und meine Gefühle nachlesen könnte. Ich tue es nicht. Lassen den alten Kram ruhen. Es tut mir nicht gut. Reißt nur Wunden wieder auf. 2 Blogs habe ich angelesen. Eine alte Nachricht im Chat beim Archivieren gefunden. Es ist real. Und ich habe es immer gespürt. Und teilweise mehr als deutlich formuliert. Lese ich meine alten Texte, springen mich die Emotionen förmlich an. Das sind keine sachlichen Texte. Das ist tiefgehender Psychokram. Grenzerfahrungen.

Und er? Er hat es einfach ignoriert. Ignoriert und weitergemacht. Und ich? Ich fühle mich schuldig, weil ich nun völlig überraschend die Beziehung beendet habe. Ich weiß ich welche tiefen Krisen mich so etwas stürzt. Ich leide beim Gedanken daran, einem anderen Menschen so etwas anzutun. Egal, wie schlecht dieser Mensch auch sein mag. Niemandem. Getrennt habe ich mich aber nicht, weil mein Freund ein schlechter Mensch ist. Im Gegenteil. Aber seine Art mit mir umzugehen, mich zu übergehen, zu bestimmen. Blind für meine Gefühle zu sein. Es hat mich so sehr an die Grenze gebracht, dass ich handeln musste. Keinen Tag länger hätte ich warten können. Nicht noch einmal so eine Demütigung erdulden können.

Überraschend getrennt. Der größte Witz an der Sache. Seit 2 Jahren schreibe ich immer wieder „ich kann das so nicht mehr“. Und er ignoriert es. Sucht sich keine Hilfe, obwohl er selbst weiß, dass er sie bräuchte. Wenn er geht, klappt es besser. Mehr als einmal geht er aber nicht. Es wäre egal, was er tut oder auch nicht tut. Es wäre egal, wenn er sich mir gegenüber offen zeigen würde. Wenn wir sprechen und gemeinsam irgendwas entwickeln, womit wir uns beide wohlfühlen. Es passiert nicht. Ich fühle mich übergangen, dominiert, nicht wichtig genommen. Jeder Versuch das Thema anzusprechen, macht es nur schlimmer. Entweder ist es friss oder stirb / mir war das eh nicht wichtig / das stimmt doch gar nicht.

Warum habe ich eigentlich so lange gebraucht, um zu bemerken, dass er inzwischen sogar meine Entscheidungen trifft. Entscheidet, was ich gut zu finden habe. Wie ich Situationen einzuschätzen habe, was mich stören darf. Ich bin es gewohnt, das andere Leute mir sagen was richtig und falsch ist. Und das erstmal nicht in Frage stelle. Zumindest nicht, wenn es Menschen sind, die ich respektiere und denen ich vertraue. Aber er? Er redet mir meine Wahrnehmung aus. Ersetzt sie durch seine. Er akzeptiert es einfach nicht, wenn ich Dinge anders sehe. Er respektiert meine Bedürfnisse nicht. Sie sind weniger wichtig als seine. Nicht ernstgenommen. Nicht wahrgenommen. Eine Projektionsfläche für was auch immer es ist, was er in mir sieht. Mich sieht er schon lange nicht mehr.

Es tut weh, krank zu sein. Es tut weh, wenn Menschen, denen ich vertraue, nicht wahrnehmen, wie es mir geht. Noch mehr tut es weh, wenn absichtlich darüber hinweggegangen wird. Krieg halt mal den Arsch hoch. Wenn Du weniger kiffen würdest. Egal in welche Worte solche Botschaften verpackt werden. Es sitzt. Ich würde das alles selbst gerne tun. Viel lieber tun als dahinzuvegetieren. Und wenn ich es könnte, würde ich es tun. Ich kann aber nicht. Und für mich selbst ist das alles am schlimmsten. Ich sehe selbst, was ich alles nicht hinbekomme. Ich möchte so angenommen werden. Unterstützt werden. Nicht fertig gemacht, auch nicht subtil. Ich brauche keine grandiosen Vorschläge. Was ich am allermeisten brauche ist jemanden, der einfach für mich da ist. Jemand, der sich eine Woche später noch daran erinnern kann, wie es mir geht. Was mit mir los ist. Der sich mit mir an dem freut, was gerade möglich ist. Mich nicht ständig verurteilt für das, was ich im Moment nicht kann. Es ist ja nicht so als wäre dieser Zustand für immer. Es geht vorbei, aber es braucht eben viel Zeit.

Was ich langsam erst erkenne, und dass obwohl ich doch so oft darüber geschrieben habe, ist, welchen Anteil diese Beziehung an meinem Zustand hat. Vielleicht sogar einen größeren als ich glaubte. Immer wieder muss ich an die Situation denken. Neuer Job und Opa liegt im Sterben. Wie unwohl ich mich im Job gefühlt habe. Aber viel unwohler habe ich mich in meiner Beziehung, die damals noch keine war, gefühlt. Er ist nicht mal vorbei gekommen als der Opa gestorben war. Nicht mal dann. Etwas ähnliches ist passiert am Tag meiner Kündigung. Keine Rücksicht. Kein Verständnis. Ich war wie in einem Schockzustand. So oft in einem Schockzustand. Der Kroatienurlaub mit meiner Freundin, in dem ich nur geheult habe.

Warum habe ich mich in so einen Mann verliebt? Und warum bin ich so lange geblieben? Es war doch so offensichtlich, dass ich mit so jemandem nicht zusammen sein kann. Jemand, der das Empathie und ich bin für Dich da – Schild so präsent auf der Brust trägt, und sich dann so völlig anders verhält. Seine Freunde. Fast schon manisch wird beim Umzug geholfen und werdende Väter (auch gegen ihren Willen) unterstützt. Sich ein Kopf gemacht. Bei mir ist das anders. Meine Schränke habe ich alleine aufgehängt. Ist ok, ich kann das und habe auch Zeit. Auf meine Duschabtrennung habe ich 6 Wochen gewartet. Wo genau stehe ich auf seiner Prioritäten-Skala? Es fühlt sich nicht an, als wäre ich auch nur in der Nähe von wo ich sein möchte.

Die Trennung war überfällig. Mehr als überfällig. Ob es leichter gewesen wäre, wenn ich vor 1 Jahr schon klar gesehen hätte? Ich weiß es nicht. Es hätte weniger Konsequenzen gehabt. Möglicherweise hätte es aber noch mehr weh getan. Ich hatte vielleicht noch nicht genug gelitten und hätte gezweifelt. So, wie ich auch jetzt zweifle. An mir selbst, meiner Entscheidungsfähigkeit, wie immer Angst davor einen Fehler zu machen. Dabei weiß ich, dass der einzige Fehler, den ich mache kann, es wäre zu bleiben, mich dem weiter auszusetzen. Bei dem Gedanken es meinem Sohn sagen zu müssen, krampft sich alles zusammen. Aber es hilft nichts. Ich werde da durch müssen. Nur weiß ich weder wann noch wie ich das anstellen soll.

Tränen

Die Tränen laufen. Gestern, heute. Ich fürchte morgen wird es nicht besser sein. Ich sollte mich freuen. Freuen, dass ich frei bin. Aber ich freue mich nicht. Ich weine. Ich bin verzweifelt. Kann nicht essen, nicht schlafen, nicht denken. Nichts tun. Nicht mal angezogen habe ich mich. Daran ist auch irgendwie nicht zu denken. Was hatte ich heute nochmal geplant? Es ist alles egal geworden. Die Tränen laufen und ich bin ein Totalausfall. Mein Sohn ist zum Glück noch bei seinem Kumpel. Noch muss ich meine Tränen nicht verstecken. Später werde ich das müssen. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit bis ich meine Wut an meinem Sohn auslasse. So kommt es immer. Tränen unterdrücken geht nur, wenn ich hart bin. Es kostet viel Kraft, bindet meine gesamte Kapazität. Bei der kleinsten Kleinigkeit geht die Bombe hoch. Traurig sein ist ein Arschloch.

Ich sollte mich auf meinen Klinikaufenthalt vorbereiten und kann es nicht. Oder Yoga machen, meditieren, durch den Wald laufen. Stattdessen bekomme ich einen Heulkrampf. Ich schaue in den Spiegel und beschimpfe mich selbst. Mache mich selbst fertig für das, was alles passiert ist. Und ich kann niemandem die Schuld dafür geben. Ich selbst habe mir das ausgesucht. Ich selbst habe keinen Respekt vor mir und meinen Gefühlen. Und deshalb fällt es mir nicht mal auf, wenn andere Leute auf meinen Gefühlen rumtrampeln. Ich tue es ja selbst ständig. Und ich lasse es zu, dass andere es tun. Ich wehre mich nicht dagegen. Und ich bringe mich auch nicht in Sicherheit. Wie auch immer diese Sicherheit aussehen mag. Weiß ich überhaupt, wie man auf sich selbst aufpasst? Manchmal habe ich das Gefühl nichts zu wissen, nichts zu können, niemand zu sein. Vielleicht auch das Gefühl überhaupt nichts besseres verdient zu haben. Was heißt schon besser? Wer bin ich überhaupt, dass ich irgendwelche Forderungen oder Ansprüche habe. Andere sind ja nicht dafür da, um meine Ansprüche zu erfüllen. Ist klar. Aber warum genau erfülle ich die Ansprüche der anderen? Nehme das als selbstverständlich hin? Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Verstehe nicht, was mit mir passiert ist. Wie ich so blind sein konnte. So sehr verdrängen konnte, was so offensichtlich ist.

Mir wurde wehgetan, wie mir schon lange nicht mehr weh getan wurde. Und ich habe es zugelassen. Selbst noch mal nachgetreten. Mir gesagt „da musst Du jetzt durch“. Mir eingeredet, es würde vorbei gehen. Ein schlechter Tag, ich zu empfindlich. Und überhaupt, welche Ansprüche habe ich überhaupt. Was nehme ich mir selbst raus. Sei mal zufrieden mit dem, was Du hast. Mein Kopf ist auch zufrieden. Alles ist ok. Im Kopf, da kann ich mir Bilder machen und eine Geschichte erzählen. Alle Unstimmigkeiten in der realen Welt mit einer Erklärung / Entschuldigung / Gründen / eigenem Versagen so zurechtbiegen, dass die Geschichte passt. Mein Mindfuck macht es möglich, dass ich mir die Realität so verändere, wie ich sie gerade brauche. Ausblenden und zurechtbiegen, was nicht stimmig ist. Ein bißchen Weichzeichner drüber und eine blumige Hintergrundmusik. Dann läuft es im Mindfuck. Hauptsache die Bilder in meinem Kopf sind schön.

Glücklich war ich. Nicht übertrieben Wolke 7 glücklich. Einfach zufrieden, entspannt, optimistisch für die Zukunft. Aber es gab immer diese Phasen, die mich extrem verunsichert haben. Ein Auflaufen lassen. Schweigen, unterbrochene Gespräche, Tabu-Themen. Analyse und Kritik an meinem Handeln. Andeutungen, ohne konkret zu werden. Etwas geheimnisvolles. Wenn ich wüsste, was Du weißt…. Vorenthaltene Informationen. Einfach vergessen bestimmte Dinge mitzuteilen. Das Gefühl nicht richtig zu sein und auch das Gefühl weniger wichtig zu sein. Nicht ernstgenommen zu werden. Dinge, die er nicht nachvollziehen kann, die existieren einfach nicht. Wenn ich mich schlecht fühle, weil er mit mir spricht wie mit einem Kind, dann ist das mein Film. Mein Gefühl existiert nicht. Weil er nicht der Meinung ist, dass er mich wie ein Kind behandelt. Und weil er mich nicht wie ein Kind behandelt, habe ich natürlich auch keinen Grund mich doof zu fühlen. Ergo, fühle ich mich in seiner Welt nicht doof. Das Thema ist genau an der Stelle zu ende und vergessen, wo er sagt: Nö, ich finde nicht, dass ich Dich wie ein Kind behandele.

Ich hätte ihn zur Seite nehmen und mich ihm sprechen können. Auf meine Frage, wann ich das hätte tun sollen, sagt er, es hätte genügend Gelegenheiten gegeben. Auf meine Frage, warum er mich nicht zur Seite genommen hat, sagt er: „Wann hätte ich das tun sollen? ICH war den ganzen Tag im Stress.“ Ein einziger Widerspruch. Entweder gab es die Gelegenheit oder es gab sie nicht. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich eine Gelegenheit hatte. Ich hätte sie haben können. Aber mit ziemlicher Sicherheit wäre ich abgeblitzt. Sobald eine Kröte „Mäh“ macht, hört er mir nicht mehr zu, ist es egal, was ich zu sagen habe. Dann werde ich gerügt, weil die Kröten vorgehen. Immer. In jeder Situation. Ich habe das zu akzeptieren.

Gott, ich bin so froh, dass es vorbei ist. Alles in mir krampft sich zusammen. So oft habe ich den Ärger geschluckt. Nicht jedes Mal ein Fass aufmachen. Auch, weil es ohnehin nichts bringt. Es passt nicht in sein Bild, also existiert es nicht. Ob ich dazu etwas sage oder nicht. In mir ist so viel Rebellion, so viel Abwehr, so große Angst davor auch nur noch ein einziges Mal so eine Situation aushalten zu müssen. Angst davor zu vertrauen. Vertrauen ist die Basis, die Schmerz überhaupt erst möglich macht. Ich würde nicht so leiden, hätte ich ihm nicht vertraut. Ich habe mich angreifbar gemacht. Verwundbar. Weil ich meinen Panzer abgelegt habe. Ich bin froh, dass es vorbei ist. Das er mir nicht mehr weh tun kann. Was weh tut? Er fehlt mir. Wir hatten viele schöne Momente zusammen. Seine Nähe hat mir gut getan. Das Gefühl, dass all dies nicht mehr sein wird, fühlt sich an wie von der Klippe springen. Ein Abgrund. Ich weiß nicht, was danach kommt. Was ich weiß ist, dass der Aufprall weh tun wird. Aktuell falle ich noch. Noch hat es etwas von ungläubigem Beobachten. Als passiere das alles einer anderen Person. Noch habe ich nicht richtig realisiert, dass ich falle. Noch nicht realisiert, dass ich dabei am Boden aufkommen werde, zerstört. Der Schmerz, er wird noch kommen. Später. Und wie ich mich kenne, werde ich davon lange etwas haben. Loslassen ist nicht meine Stärke. Überhaupt nicht.

Schon jetzt lähmt es mich. Trennungen lähmen mich immer. Besonders, wenn die Dinge nicht gesagt sind. Keine Aussprache. Vorbei. Ohne Vorwarnung, ohne Vorankündigung. Ich bin vollkommen überrumpelt. Frage mich, ob ich überreagiert habe, aus dem Affekt heraus. Ich würde so gerne einfach sagen, ja, so war es. Dann könnte ich mich entschuldigen. Meine Entscheidung zurücknehmen. Ein Gespräch führen, Versöhnung, und alles wäre wieder gut. Für den Moment gut.

Ich habe aber nicht aus einer Laune raus reagiert. Nicht aus Wut etwas gesagt. Wohlüberlegt war es auch nicht. Es kommt überhaupt nicht aus dem Verstand. Das Gefühl. Ein innerer Druck, eine so starke Blockade. Das Gefühl, dass er mir die Luft zum Atmen nimmt. Bedrängt, in die Enge getrieben. Das Raubtier im Käfig-Gefühl. Flucht und mich in Sicherheit bringen, ist meine einzige Option. Dafür sorgen, dass ich nicht mehr in Gefahr bin. Nicht mehr verletzt werden kann. Meinen ganzen Mut zusammennehmen für einen letzten Befreiungsschlag. Es geht um mein Leben. Und ich renne um mein Leben und so schnell wie möglich so viel Abstand wie möglich zwischen mich und die Situation zu bringen. Es passiert immer spontan. Den passenden Moment für die Flucht kann man nicht planen. Und wer plant überhaupt eine Flucht? Es wäre keine Flucht, wenn es geplant und vorhersehbar wäre. Heute? Heute hätte ich nicht mehr die Kraft zu fliehen. Heute bin ich bereits weichgekocht. So am Ende meiner Kräfte, so verzweifelt. Ich würde mich in den Arm nehmen lassen und so tun als wäre alles ok. Ich würde es so sehr wollen, dass alles ok ist, dass ich es glaube, fühle, alles andere ausblende. Und der Teil der weint und jammert und immer wieder sagt: Hör auf damit. Es tut mir weh. Den schließe ich einfach weg. Ich hab das so eine kleine Kiste, die mir gute Dienste tut. Einfach wegsperren, was ich nicht haben will. Ich muss nur in den Spiegel schauen, um zu sehen wo mich diese Kiste hingebracht hat. Wohin meine fehlende Selbstliebe mich bringt. An den Abgrund. An einen Punkt, wo ich bereits falle und nichts mehr tun kann, als mich auf den Aufprall vorzubereiten. Zu hoffen, dass ich zumindest Teile von mir schützen kann. Das nicht alles kaputt ist.

Kaputt. Das bin ich eh schon. Schon lange. Es wird nicht besser. Ob mir die Klinik hilft? Oder ich mich einfach nur noch tiefer in die Scheiße manövriere? Aktuell habe ich kein Gefühl. Ich falle. So wie heute Nacht im Traum. Aus dem Fenster. Mit dem glücklichen Gefühl: Endlich ist es vorbei. Bitte lasse es vorbei sein. Es war nur ein Traum. Ich falle nicht aus dem Fenster. Und nichts ist vorbei. Gar nichts. Tatsächlich hat es gerade erst begonnen. Meine Therapie hat noch nicht mal begonnen. Ich habe Angst. Und es tut unendlich weh, wieder eine Lebenskrise alleine durchstehen zu müssen. Liebe und Zuneigung, es ist gerade so wichtig für mich. Und doch ist es nicht da. Meine Nachbarn schicken mir Essen. Und helfen mir bei den Vorbereitungen für meinen Klinikaufenthalt. Nehmen mir meinen Sohn ab. Und rufen jeden Tag an, um zu hören, ob ich klarkomme. Es ist nicht mehr zu übersehen, wie am Ende ich bin. Warum hat er es nicht gesehen? Nicht mal, wenn ich es angesprochen habe?

Tief drin weiß ich auch hier, warum. Aber für den Moment reicht es. Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr. Mein Schlafzimmerfenster. Es wäre so einfach. Und doch ist es viel komplizierter als das. Springen ist keine Option. Außerdem falle ich bereits. Daran würde auch ein Sprung in der realen Welt nichts ändern.

Verletzt

Mal wieder bin ich verletzt. Eine einziger großer blauer Fleck. Egal, wo man drückt, es tut weh. Mein Leben fällt auseinander. Und ich kotze. Mal wieder kotze ich mir die Seele aus dem Leib. Warum? Weil ich manche Gedanken nicht haben will, sie nicht aussprechen will. Ich schiebe weg, verdränge, halt aus. Schon so lange, und ich tue es immer noch. Mit einem Unterschied, seit gestern kotze ich wieder. Kotzen. Meine persönliche Alarmstufe Rot. Mein Körper rebelliert und lässt mich nicht mehr verdrängen. Verdränge ich, muss ich mich übergeben. Und es hört erst auf, wenn ich akzeptiere, was ist. Ausspreche, was los ist und etwas ändere. Das Aussprechen und Akzeptieren ist es, was meine Übelkeit verschwinden lässt. Wohingegen mein übliches „Gedanke kommt und wird direkt verdrängt“ dazu führt, dass ich im Schwall kotze. So lange bis ich es einsehe. Mir selbst eingestehe, dass ES da ist. Das ich ES nicht ignorieren kann. Das Kotzen. So massiv, so unaufhaltbar. Ich kann es nicht steuern, nicht verhindern. Nichts tun. Wenn ich kotzen muss, dann kotze ich. So lange bis ich mir eingestehe, was mich kotzen lässt. Dann lässt es nach. Es ist danach nicht besser. Meistens geht es mir schlechter, emotional schlechter, mitunter richtig mies. Nur die Übelkeit ist weg. Sie hat keinen Grund mehr. Wenn ich aushöre zu verdrängen, dann gibt es auch keinen Grund mehr mich zu übergeben. Nichts mehr worauf mein Körper mich aufmerksam machen muss. Das Kotzen, es hat seine Notwendigkeit verloren.

Heute bin ich leer gekotzt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe etwas erkannt. Etwas, was ich tief drinnen schon lange weiß. Es ist nicht das erste Mal, dass ich deswegen kotze. Wegen ihm kotze. Es war der erste Schritt das zu erkennen. Nun bereite ich mich auf die nächste Runde kotzen vor. Ich merke wie es sich anbahnt. Das ist das mit der Konsequenz. Es lässt sich nicht mehr schön reden. Ich weiß das. Aber ich möchte die Konsequenz nicht. Es passt nicht in meine Vorstellung. Ich möchte nicht, dass es vorbei ist. Möchte mir nicht eingestehen, dass es keine Zukunft hat. Das ich mit keinem Mann zusammen sein kann, der mich zu einem verschreckten Reh mutieren lässt, dass sich nicht traut einen Mucks zu machen. Und ich bin auch kein kleines Mädchen. Es ist so viel passiert. So oft habe ich die Schuld bei mir gesucht, versucht mich zu ändern, mich anzupassen, seine Erwartungen zu erfüllen. Mir so oft angehört, dass ich das Problem bin. Mein Verhalten. Wie oft habe ich darum gebeten: Sag mir doch, wie ich sein soll. Wie Du es gerne hättest. Förmlich darum gebettelt, eine Richtschnur zu bekommen. Die gab es nie. Es fühlt sich an als würde mir diese Information bewusst vorenthalten werden. Weil er sehen will, wie ich mich verhalte. Um dann seine Schlüsse daraus zu ziehen. Und um mir irgendwann seine Wahrnehmung (= Bewertung) zu geben. Die ich dann zu akzeptieren habe. Spreche ich, werde ich unterbrochen. Oder mir wird einfach nicht zugehört. Eines der Dinge, die er nicht hört ist: Ich bin unsicher. Du verunsicherst mich. Ich habe Angst vor Dir. Angst davor einen Fehler zu machen. Auch, weil ich dafür gerügt werde. Er hört es nicht und macht einfach weiter. Teilweise bewusst. Weil er mich so wenig versteht und auch weil er mich „erziehen“ will, weil ER die Dinge ANDERS sieht. Was er nicht versteht ist, dass es um mich geht. Ich kann mich schlecht fühlen auch ohne dafür einen nachvollziehbaren Grund oder eine Ursache zu haben. Auch ohne, dass er es nachvollziehen kann. Da ist es trotzdem, auch wenn er es nicht legitimiert.

Die Parallele zu meinem Job ist so unübersehbar massiv geworden. Dieses Gefühl der Angst. Mich mit ihm zu treffen, löst in mir oft ein ähnliches Gefühl aus, wie ins Büro zu gehen. Gestern? Ich war nicht bei ihm zu Hause. Ich war im Büro. Emotional war ich im Büro. Inklusive auf der Toilette heulen, weil ich nicht weg konnte und keine andere Möglichkeit zur Dekompensation hatte. Flucht. Alles in mir wollte weg. Aber ich bin geblieben. Aus Angst vor der Reaktion. Weil ich nicht wusste, was ich sagen soll. Vor Allem den Kindern gegenüber. Wie eine Kuh vor der Schlachtbank, keine Wahl. Irgendwann habe ich es geschafft mich zu befreien, zu sagen „wir fahren jetzt heim“. An das was danach kam, habe ich nur eine verschwommene Erinnerung. Unterbrochen. Jeder Halbsatz, wurde quittiert mich „nimm die Hand runter“. Später mit den Kindern. Dazu diesen überlegenen Ausdruck im Gesicht. Eine einzige Machtdemonstration. Ich entscheide, wer spricht. Was gesprochen wird. Wie gesprochen wird. Den Kindern zuliebe habe ich mich beherrscht. Meine Wut gegen mich gerichtet und später gegen meinen Sohn. Letztlich bekommt er am Ende immer alles ab. Und sei es nur indirekt. War ich traurig? Oder wütend? Oder einfach nur verletzt? Vor allem war ich eins: Unglaublich erschöpft. Als wäre ich einen Marathon gelaufen.

Abends wollten wir telefonieren. Ein Gespräch das damit beginnt, dass er mich sehr aggressiv fragt: „Was war da heute los mit Dir? Was war da los bei Dir? Was hast Du Dir gedacht? Was war los mit Dir?“ Ich hätte auflegen sollen. Natürlich habe ich es nicht getan. Ich mag ungeklärte Dinge nicht. Harmonie und sich vertragen sind mir wichtig. Aber er macht weiter. Mehr als einen Satz am Stück bringe ich nicht heraus. Ständig fällt er mir ins Wort. Erzählt ausführlich seine Sicht, seine Bewertung. Wie toll er den Tag gerockt hat, obwohl ich so ein total Ausfall war. Wie daneben mein Verhalten ist. Was alles daran gar nicht geht.

Letztlich kann ich dazu nur Danke sagen. Es ist sein wahres Verhalten. Hier einfach mal sehr pointiert gezeigt. In einer sehr massiven, aggressiven und übergriffigen Art und Weise. Respektlos. Es ist das, was schon lange verborgen unter der Oberfläche schlummert. Es waren viele Kleinigkeiten, die nicht zusammenpassten. Einzelfälle, nicht weiter der Rede wert. Gestern wurde eine Grenze überschritten. Heute, da sehe ich, wie oft diese Grenze vorher bereits überschritten wurde. Und ich sehe auch, wie oft ich bereits ganz ähnliche Dinge kommuniziert habe. Es ist nicht neu, sondern ein ganz alter Hut. Er hört mir nur einfach nicht zu. Weil meine Meinung ihn nicht interessiert. Und weil der Papa entscheidet. Auch darüber entscheidet, was einen stören darf und was nicht. Papa macht. Und Papa trifft auch die Entscheidungen. Natürlich ist er ein guter Papa also hört er vorher die Meinung seiner Kinderlein an. Entscheiden tut er alleine. Und er entscheidet auch, wann mal jemand anders die Entscheidung treffen darf. (was letztlich doch wieder bedeutet, dass Papa entschieden hat. Er lässt das zu – oder eben auch nicht.)

Vorgestern sitze ich beim Anwalt. Nach langem Hin und Her: Wenn ich wieder arbeitsfähig bin, muss ich zu meinem alten Chef zurück. Oder gehen. So die Rechtslage. Und ich so: Ich bin nicht bereit die 5-jähige Tochter für meinen Chef zu spielen. Nicht bereit ihn in seiner dominanten Vater-Machtrolle zu akzeptieren. Der Anwalt sagt: Das kann ich voll verstehen. Für so jemanden würde ich auch nicht arbeiten können.

Ich arbeite nicht nur für so jemanden. Ich schlafe auch mit so jemandem. Freiwillig. Und rede mir dabei ein, dass es mir damit gut geht. Das wir eine Zukunft haben könnten. Wir irgendwie die Kurve kriegen. Und verschließe die Augen davor, wie sehr er mich verletzt. Mich an meine Grenze bringt. Wie viel Respektlosigkeit ich akzeptiere. Ich lasse mich unterbrechen. Mir den Mund verbieten. Akzeptiere Themenwechsel oder Gesprächsabbrüche. Im Job und Privat. Warum tue ich mir das an? Bin ich mir selbst so wenig wert? Scheinbar bin ich das. So wertlos und unwichtig, dass ich einfach akzeptiere, dass meine Meinung weniger wichtig ist. Mich in eine Kinderrolle drücken lasse. Um des lieben Frieden willens, damit es keinen Streit gibt. Ich leide und passe mich an, damit er seine Welt möglichst so hat, wie er sie haben möchte. Ich habe mitzuspielen.

Nach fast 20 Jahren bin ich also wieder bei einem Kai gelandet. Und wieder habe ich nichts kapiert. Wieder habe ich 2 Jahre gebraucht, um auch nur ansatzweise zu kapieren, was schief läuft. Zu verstehen, dass ich wieder mal in einer Beziehung gelandet bin, in der einer groß und der andere klein ist. Ich bin die Kleine. Das wird nicht so bleiben. Ich gehe in die Klinik und es ist mein fester Entschluss dort erwachsen zu werden. Die Entscheidung meinen Job aufzugeben, die ist gefallen. Eigentlich schon vor langer Zeit, aber sie ist mir erst jetzt bewusst geworden. Erst jetzt ausgesprochen, die Konsequenz wird folgen und es wird weiter gehen. Und es wird gut werden.

Die andere Entscheidung. Auch sie ist vor langer Zeit gefallen. Ich bin mir zu schade für sowas. Ich möchte nicht so behandelt werden. Es ist schon so lange klar. So oft habe ich versucht etwas zu verändern. Gekämpft für gemeinsamen Urlaub und mit Kindern treffen. Für Normalität. So oft gehört „das geht für mich aktuell nicht“. Oder mein Lieblingsspruch: „Sowas kennen wir nicht.“ Mit Betonung auf Sowas. Wichtig ist auch, dass dabei eine gewisse Verachtung in der Stimme mitschwingt. Klar, so unerhörte Vorschläge müssen quittiert werden, wo kämen wir denn sonst hin?!

Ich habe genug. Ich bin verletzt und irgendwie auch traumatisiert. Das Gespräch gestern Abend. Es hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Wenn man das überhaupt sagen kann, bei jemandem der schon lange nicht mehr in der Bahn läuft… Es war schön, einen Freund zu haben. Ich hatte das Gefühl, dass er mir gut tut. Nähe und Vertrauen mir gut taten. Schöne Dinge zusammen unternehmen. Was mir dabei nicht gut tat, habe ich ausgeblendet. Vieles auf „wenn die Scheidung erst durch ist“ vertagt. Der große Irrglaube, dass in einer unbestimmten Zukunft, wenn sich bestimmte Rahmenbedingungen verändert haben, alles gut werden wird. Ich sag ja, ich bin wieder bei Kai gelandet. Zum Scheitern verurteilt. Ändern sich die äußeren Rahmenbedingungen, ist die Beziehung futsch. Was wohl das ist, was mit meiner Beziehung gerade passiert. Oder mit ihr passiert ist. Der äußere Rahmen hat sich geändert. Ich spiele nicht mehr mit. Und zack, futsch. Wie es eben ist, wenn man nicht wirklich geliebt wird. Geliebt wird ein Bild, eine Erwartung wie das eigene Leben auszusehen hat. Mit anderen Personen, die sich im Film so und so verhalten sollen, damit die Geschichte einen Sinn ergibt. Und ich bin auch noch so blöd und versuche mich regelkonform zu verhalten, obwohl ich das Drehbuch gar nicht kenne.

Es ist mein Leben. Mein Film und mein Drehbuch. Ich bin frei davon mich von andern Leute herumschubsen zu lassen. Und es ist wichtig mich zu distanzieren, von Menschen und Situationen, die mir nicht gut tun. Das bedeutet auch, Beziehungen zu beenden, wenn sie nicht mehr funktionieren. Jobs zu wechseln. Und es möglichst im Guten zu tun. Im Juli habe ich meinem Ex-Chef sagen wollen, dass ich andere Bedingungen für meine Arbeit brauche. Er ist mir mit der Kündigung zuvorgekommen. Meinem Freund habe ich zur gleichen Zeit gesagt: Hier ist Ende. Ich bin mir zu schade und es funktioniert nicht. Beide kamen wieder zurück. Haben sich entschuldigt. Ich habe den Mann zurückgenommen und bin in der Firma geblieben. Und bin jetzt ein gutes Jahr später ein Fall für die Psycho-Klinik. Chapeau. Da habe ich mich gut selbst in die Scheiße manövriert. Jetzt bin ich am Boden, mein Leben ist gefühlt ein einziger Scherbenhaufen. Loslassen fällt mir wieder mal schwer. Den Job, den Mann. Beides Dinge, die ich aussortieren muss. Die aus meinem Leben verschwinden müssen, damit es mir besser gehen kann. Ich werde weder meinen Chef ändern noch meinen Freund. Ich selbst kann mich nicht so weit verändern, dass ich den Ansprüchen genüge. Ich habe es versucht, wirklich und ehrlich versucht, aber es ist mir nicht gelungen. Und vermutlich ist das auch gut so. Warum mich verbiegen? Warum nicht einfach da hingehen, wo man mich schätzt. Mich und meine Macken respektiert. Dahin, wo ich um meiner Selbst wichtig bin und nicht nur, weil ich eine Rolle gut ausfülle. Und vor allem an einen Ort sein an dem ich vor Verletzungen geschützt bin. Wo meine Grenzen respektiert werden.

Wieder alleine. Es fühlt sich komisch an. Ich bin traurig. Und weiß nicht, wie ich es meinem Sohn beibringen soll. Inzwischen ist er groß. Er wird nicht in 2 Monaten Klinik vergessen, dass es da jemanden gab. Er wird Fragen stellen und traurig sein. Wieder werden wir gemeinsam weinen, weil wir jemanden verloren haben, der uns wichtig war. Ich fühle mich schuldig, denke, dass ich mich mehr zurücknehmen sollte. Gleichzeitig weiß ich, dass ich daran zugrunde gehen würde. Es gibt keine Alternative.

Entwürfe

Auch hier finden sich Entwürfe. Dinge, die mal so wichtig waren, dass sie gesagt werden mussten. Geschrieben werden mussten. Und dann fehlte doch der Mut. Der Mut? Die Klarheit, die Konsequenz. Lange habe ich geschrieben, weil Dinge raus wollten. Ich mich sortieren musste. Das Schreiben, es half dabei mein inneres Chaos in den Griff zu bekommen. Irgendwann war das Bedürfnis weg. Seit Monaten habe ich nicht geschrieben. Verschiedene Theorien zu den vermeintlichen Gründen des Nicht-schreibens. Citalopram. Kein Zugang zu den eignen Gefühlen. Und andere Erklärungen. Alles bullshit, um es kurz zu machen. Ich lese Entwürfe. Unfertige, angefangene Texte. Und ich weiß, warum ich nicht weitergemacht habe.

Auch jetzt. Ich schreibe. So vieles ist da, das raus möchte. Ausgesprochen werden will. Ich hingegen? Ich möchte die Dinge nicht mal denken. Und noch weniger fühlen. Das, was ich schreiben müsste. Ich kann es nicht. Nicht mal denken kann ich es. Und fühlen noch viel weniger. Es zerreißt mich. Ich merke wie die Tränen kommen, wie der Kloß im Hals und der Druck auf der Brust zunehmen. Wie alles in mir einfach nur weg will. Es muss raus, aber ich bin sprachlos. Auch, weil ich mit der Konsequenz nicht leben kann. Meine Entscheidung nicht treffen kann. Vor allem nicht treffen will. Ich will mir nicht eingestehen, dass es nicht funktioniert.

Nichts in meinem Leben funktioniert. Ich habe eine Ahnung davon, warum es so ist. Warum nicht läuft und ich nichts dagegen tun kann. Warum Dinge so kompliziert und verfahren sind. Es ist meine Verweigerung Entscheidungen zu treffen. Die Konsequenzen zu akzeptieren. Und dann von einer neuen Basis weiterschauen zu können. Halb gedachte Dinge, die ich verwerfe, weil irgendwas „nicht fliegt“. Und so mache ich weiter wie bisher und ignoriere einfach die Tatsache, das in meinem Leben schon lange nichts mehr fliegt. Am allerwenigsten ich selbst. Fliegen möchte ich aber. Zumindest das Gefühl haben.

Eine große Änderung steht bevor. Wie, wo, was? Ich habe keine Ahnung. Ich wehre mich dagegen. Suche immer noch Mittel und Wege, wie ich mein verkorkstes Leben irgendwie weiter am Laufen halten könnte. Glücklich werden mit dem, was ich habe. Ein guter Ansatz. Es geht nicht um höher, schneller, weiter. Darum immer etwas noch besseres zu finden. Es geht darum, gezielt die Dinge loszuwerden, die kaputt sind. Mein Job ist kaputt. Ich kann versuchen dies zu retten, es etwas weniger schmerzhaft zu machen. Aber glücklich? Glücklich werde ich so sicherlich nicht. Mein gesamter Lebensmittelpunkt liegt auf der Waagschale. Nichts passt zusammen. Mit dem, was ich habe, kann ich nichts Gutes schaffen. Nicht in der Summe. Nicht, wenn ich nicht bereit bin mich von den Dingen zu trennen, die nicht funktionieren. Radikal zu trennen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und auch ohne Plan B in der Tasche. Vertrauen, dass sich immer ein Weg, neue Möglichkeiten auftun, wenn ich in die richtige Richtung laufe. Alles fügt sich und wird gut.

Auch in dem Wissen, dass es sich mit der falschen Richtung ähnlich verhält. Dann werden die Steine solange immer mehr und größer, bis ich gezwungen bin die Richtung zu ändern. Oder zusammenbreche. Momentan passiert letzteres. Ich gehe kaputt daran, weil ich mich weigere den Weg zu verlassen. Und ich nehme alles um mich herum mit nach da unten. Geht es mir schlecht, dann sorge ich dafür, dass es allen um mich herum ebenfalls schlecht geht. Das kann nicht Ziel sein. Von gar nichts.

Ich kann es mir klemmen, andere da mit reinzuziehen. Einfach den Mund halten. Mich anpassen. So sein, wie es von mir erwartet wird. Ich könnte und früher konnte ich auch. Es geht nicht mehr. Mein System hat dafür keine Kraft mehr. Ich bin dabei alles an die Wand zu fahren, was ich besitze. Auch durch mein Schweigen. Dadurch, dass ich warte und reagiere statt selbst zu agieren. Mich verbiege, um in ein System zu passen, was nicht meines ist. Zurückstecke, damit es anderen besser geht. Gute Miene zum bösen Spiel. In mir brodelt es. Und viel zu oft bekommt mein Sohn es ab. Auch heute wird das so sein. Ich bin ihm so keine gute Mutter. Und eine gute Mutter für mich selbst, bin ich auch nicht.

Konsequenz wäre aus Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Zu sehen, wo mir Dinge zum wiederholten Male passieren. Und dies konsequent zu durchbrechen. Aus Fehlern gelernt haben. Es beim nächsten Mal einfach anders machen. Nicht mehr so lange fackeln und abwarten, sondern handeln. Ich selbst will mich auch nicht bewegen. Beim Jugendamt Druck machen, meinen Klinikaufenthalt beschleunigen (stattdessen wünsche ich mir heimlich, dass es noch lange dauert), meine Jobsituation klären. Und meine Beziehungen klären. An letzterem bin ich scheinbar schon dran. Hier im Verein habe ich erstmals offen ausgesprochen, was seit 7 Jahren brodelt. Und zu Recht. Es ist mein Recht zu meiner Meinung zu stehen. Auch andere haben ihr Fett abbekommen. Es ist richtig so. Es sind die Personen, zu denen das Problem gehört. An sie sollte ich es adressieren, statt es zu schlucken und dann meine Aggression an meinem Sohn abzulassen. Darauf läuft es nämlich hinaus. Ich lasse mir alles mögliche von so ziemlich jedem gefallen, sage freundlich Bitte, Danke, Entschuldigung zu allem. Und akzeptiere, dass es mehr, etwas anderes, für mich in diesem Moment eben nicht gibt. Wenn der andere das so sagt, dann wird das wohl so sein. Und ich habe mich zu fügen und das eben zu akzeptieren.

Und dazu sage ich entschieden Nein. Ganz entschieden. Ich werde das nicht akzeptieren. Genauso wie ich nicht akzeptiere, weniger Gehalt als ein männlicher Kollege zu bekommen. Ich verstehe, dass das Jugendamt ein Budget Problem hat. Dennoch ist das nicht mein Problem. Es ist allein deren Problem. Punkt. Mein Sohn braucht die Hilfe und mir ist schnurz, wie das Jugendamt dieses Problem löst. Mir sind auch die internen Probleme meiner Firma egal. Es ist deren Problem, wenn sie mir keine adäquate Stelle anbieten können. Auch Teilzeit-Möglichkeiten. Es ist alles nicht mein Problem sondern alleine deren Problem, wie sie das gelöst bekommen. Möglicherweise löst ein (sicherlich) anstehender Stellenabbau mein Problem. Ich bin sicher bei den Ersten dabei in einem Sozialplan. Würde ich meine Jobangst loslassen, würde sich vielleicht endlich alles fügen.

Das ich selbst innerlich rumhampel, ist auch ein Punkt, der nicht hilft. Ich hadere mich allem. Da ist der Vier-Kant Hof. Das fehlende Geld. Die Frage: Wo eigentlich? Leihoma und mein Freund. Ein Schulwechsel. Was sagt mein Kind zu totaler Isolation nach Großstadt und Wohnprojekt? Meine beste Freundin. Mein früherer Freundeskreis. Alle sind in Bayern. Familie in Hessen. Warum nicht Süddeutschland? Oder Mittendrin. Es ist günstiger. Es hätte Vorteile. Und doch müsste ich so vieles aufgeben. So viele Möglichkeiten, so viele Entscheidungen. Alles hängt zusammen. Ein Gefühl von „das kann ich aber erst entscheiden, wenn“. Und dann kommt das nächste aber, wenn dann. So geht es den ganzen Tag weiter. Ich sehe das eine und rechne das andere und überlege mir das dritte. Und wenn alles klar ist, dann kommt „was lasse ich zurück“. Und ich bin raus. Zu unkonkret sind die Ideen als dass ich einen sinnvollen Öko-Check machen könnte. Ein was gewinne ich, was verliere ich. Weder das eine noch das andere kann ich benennen. Folglich kann ich auch zu keiner Aussage kommen. Nur das diffuse Gefühl von „fliegt nicht“ ist da. Verweigerung. Gleichzeitig muss sich etwas ändern. Mein Leben braucht einen anderen Fokus.

Unser Urlaub an der Ostsee. Es war anstrengend. Vieles musste verarbeitet werden. Aber es war schön. Hat sich gut angefühlt. Zum ersten Mal seit langem war ich zufrieden und irgendwie glücklich. Momente in denen absolut nichts hätte anders sein sollen. Davor ging es mir nicht gut. Nicht beim Gedanken an gemeinsame Zeit. Darauf habe ich mich gefreut. Aber dieses „es führt zu nichts, ist alles viel zu kompliziert“ ist immer da. Dazu zu wenig Zeit. Jedes Gespräch führt zu Streit oder bleibt an der Oberfläche. Ein Abend ab und zu. Den will ich doch nicht mit Streit verbringen. Also potentiell gefährliche Themen besser großflächig umfahren oder gar nicht erst reden. Telefon? Auch hier das gleiche. Bloß nichts sensibles ansprechen. Die Gefahr einer Eskalation ist einfach zu groß. Die Zeit, die es bräuchte manche Dinge einfach mal zu klären, die ist nicht da. Dafür kommen immer neue Dinge hinzu. Kleinigkeiten, die sich leicht aus der Welt schaffen lassen. Vorausgesetzt man kann darüber sprechen. Ich kann es mit meinem Freund nicht. Dinge nicht ansprechen. Und angesprochene Dinge nicht klären. Er ist nicht da. Nicht wirklich da. Körperlich anwesend. Funktionierend. Alles unter einen Hut bringen. Keine Zeit und auch keinen Nerv für Selbstreflektion. Wegschieben und sich die Tage möglichst voll packen.

Ich kann das nicht mehr. Nicht mehr akzeptieren, dass er es sich so unnötig schwer macht. Nicht bereit ist zu erkennen, dass er sich selbst im Weg steht. Das es zu allen Dingen auch eine andere Meinung gibt. Nicht nur eine, sondern ganz ganz viele. Sein eigenes Denken zu reflektieren. Und sich seinen Ängsten zu stellen. Alten Kram hinter sich zu lassen. Er möchte das auf die harte Tour haben. Dinge möglichst lange Hinauszögern, flüchten vor der Konfrontation, auch mit sich selbst, der er sich nicht gewachsen fühlt. Noch immer ist es schwer auszuhalten. Über 2 Jahre. 2 Jahre in denen mein ganzes NLP-Bewusstsein permanent schreit. Die Lösung wäre so einfach. Einmal nicht vom Kopf sondern aus dem Unterbewussten ran gehen. Ein einziges Mal. Und es würde einen wahren Erdrutsch geben, der so viel in Bewegung setzt. Vermutlich hätte auch eine Psychotherapie spätestens nach 10 Sitzungen einen ähnlichen Erfolg.

Ich würde es mir wünschen. Vielleicht hätte ich es mir auch gewünscht? Ich bin mir über die Phasen und meine Gefühlswelt nicht mehr im Klaren. Wo stehe ich? Was will ich? Warten auf etwas das nicht passiert, kann nicht der richtige Weg sein. Manchmal spüre ich, dass ich nicht mehr warte. Das ist noch schlimmer als es das Warten war. Nicht warten beinhaltet, dass ich aufgegeben habe. Hoffnungslosigkeit. Es macht mich traurig. Egal, wie ich es drehe und wende, macht es mich traurig. Unsere Beziehung ist sowas von meilenweit entfernt von überhaupt irgendwas. Was an sich gar nicht schlimm ist. Alles hat ein Recht sich zu entwickeln. Aber da ist keine Gemeinsamkeit. Nicht mal ein Gefühl davon, dass es das in absehbarer Zukunft geben könnte. Das gemeinsame Wochenenden normal sind und getrennte die Ausnahme. Die Entwicklung ist unendlich langsam. Nicht mal unbedingt die äußere Entwicklung, sondern das was gefühlsmäßig dahinter passiert. Selbst wenn sich Dinge im Außen verändern, passiert das im Inneren nicht in gleichen Maße. Es sieht anders aus, wird von meinem Verstand anderes bewertet als es sich anfühlt. Mein Kopf sagt, dass alles ok ist. Mein Gefühl sagt mir: Nichts ist ok.